Ysatinga
Segmentsbote
36
(Dachs/Adler/Katze 414)
Bote von Ysatinga 36
Inhalt
Inhaltsverzeichnis 2
Kommentar zum Spielzug 3
Überblick 5
Nachrichten 8
Geschichte: Glaubensfragen 12
Geschichte: Todesstille 17
Geschichte: Erntezeit in Kartan 24
Geschichte: Eine Legende 27
Geschichte: Der Waise (Teil 1) 31
Gra-Tha N’My Bote Nummer 5 33
Spielleitung Ysatinga: Werner Arend Im Eichengrund 8
72138 Kirchentellinsfurt 07071-677083 ab 17h 07071-295903 bis 16h Mo-Fr
Seid alle gegrüßt!
Leider kommt diese Auswertung etwa eine Woche später als geplant - das liegt daran, daß ich erst seit Mitte Dezember wieder handlungsfähig bin und an dem ganzen Weihnachts- und Silvesterstreß. Aber Ihr habt drei Wochen für den nächsten Zug - das sollte eigentlich reichen.
Der aktuelle Spielzug war ausgesprochen interessant, und es hat mir diesmal richtig Freude gemacht, das auszuwerten. Viel davon ist ärgerlicherweise geheim.... Dieser Bote enthält sehr schöne kleine Geschichten, die auf die verschiedensten Ereignisse Ysatingas ein kleines Licht zu werfen imstande sind. Aus gegebenem Anlaß ein Hinweis: Ich fasse gute Geschichten niemals als „Bestechungsversuch“ auf (das befürchtete ein Spieler), sondern immer als willkommenen Beitrag - je mehr gute Geschichten, um so dicker wird der Bote auch ohne meinen eigenen Anteil.
Allerdings gibt es etwas zu wenig eigentliche „Kulturberichte“. Deshalb habe ich mich entschlossen, in unregelmäßigen Abständen Kulturthemen vorzuschlagen, und ich würde mich
freuen, wenn zu diesen Kulturthemen dann auch etwas geschrieben würde. Allerdings ist das selbstverständlich kein Zwang!
Das Kulturthema dieses Monats: Alltagsleben und soziale Beziehungen
Was das heißt... nun, macht Euch mal Gedanken darüber, wie Mensch/Elf/Ork/Gomorrer/etc. in
Eurem Reich lebt. Gibt es eine Familienstruktur (groß oder klein?), oder lebt jede/r allein, gibt es kommunenähnliche Gemeinschaften oder irgendetwas ganz anderes? Was hält die
Gemeinschaften zusammen? Was sind die wichtigsten sozialen Beziehungen eines Einzelnen in Eurem Reich? Mutter, Vater, Lehrer, Priester, Bruder, Schwester, Geliebte/r oder was sonst?
Wann gelten überhaupt zwei Individuen als „verwandt“? Wie ist der Begriff „Eigentum“ oder „Besitz“ definiert in Eurer Kultur, und was besagt er? Was gibt es für Lebensabschnitte, und
welche Rituale trennen sie voneinander? Religiöse Rituale, Erlernen eines Berufs, Erwählen eines Gefährten, oder etwas ganz anderes, oder alles? Wenn Ihr etwas Neues schreibt, dann überlegt Euch gut, wie Eure neuen Ideen in das „Gesamtkonzept“ der Kultur passen - oder sich einpassen lassen. Wenn Euch nichts einfällt,
beginnt damit, jeden einzelnen Aspekt Eures (realen) Lebens infrage zu stellen. Ist dies und das in Eurem Reich ähnlich? oder ganz anders? Wenn ja, welche Alternativen kann es geben? Dies alles ist ein ganz großes Thema, zu dem sich allein hunderte von Seiten Kultur schreiben ließen, und ist mit meinen Fragestellungen nur angerissen. Stellt Eure eigenen Fragen an Eure
Kultur, und versucht, diese in Euren Kulturberichten zu beantworten. Ich bin sehr gespannt. Ich spiele mit dem Gedanken, irgendwann eine Reihe von themenbezogenen „Kulturarchiv“-Bänden herauszubringen...
Regeltechnisches:
Im allgemeinen treten hier nur noch wenig Probleme auf. Ich muß allerdings darauf hinweisen, daß
in JEDEM Spielzug ALLE EXISTIERENDEN Heere mit der Heeresstärke und ihren Besonderheiten (etwa besondere Waffen, oder relative Immunität gegen bestimmte Monster)
aufgeführt werden. Ab dem nächsten Spielzug gelten Heere, die nicht aufgeführt sind, als aufgelöst, und Besonderheiten, die nicht aufgeführt sind, werden nicht berücksichtigt. Hier ein Beispiel:
Nr Stärke von über nach Bef. Besonderes 103 5000ER+3 001/01 001/02 001/03 001/04 001/09 N 1,2,3,4
104 10000K+1 001/01 001/01 V 8 300 5S+1 002/02 002/11 002/17 002/24 002/31 002/38 002/44 003/01 R 5,6,7
(1) Waffen: alchemistenölgetränke Brandpfeile (2) Elite: +1 Reichweite (3) Elite: doppelte Kampfkraft
(4) Elite: relative Immunität gegen Zombies und Skelette (5) Elite: +1 Reichweite (6) Elite: tiefseetauglich
(7) Neu gerüstet (8) Provinzheer (Nagona)
Das ist natürlich ziemlich extrem, aber es zeigt, wie ich die Spielzüge gern hätte. Vorbildlich in diesem Zusammenhang war der Zugbefehl des Seneschalls von Gra-Tha N’My (auch das muß mal gesagt werden). Demgegenüber ist die Gruppierung der einzelnen Heeresgattungen nicht so wichtig. Viel wichtiger ist, daß die Heere jedesmal in der gleichen Reihenfolge (egal welche) stehen - dann fällt mir die Überprüfung auf Fehler leichter!
Ansonsten sage ich nur: Weiter so! Euch allen wünsche ich ein angenehmes und kreatives Neues Jahr.
Orq Morgoth bzw. Agape n’Or
Yf
Der nächste Eintreffschluß für den Spielzug Nummer 37:
Freitag, der 27.Januar 1995
Allgemein:
Bis auf die Kriege zwischen Kartan und Ygora, sowie zwischen Lyr a Krae und Gra-Tha N’My, herrscht inzwischen fast überall auf Ysatinga mehr oder weniger Frieden. Die Inquisition macht zur Abwechslung einmal auf friedliche Art und Weise von sich reden (siehe unten). Allerdings kocht die Gerüchteküche. Die Beiträge in diesem Boten sind nur die Spitze eines Eisbergs von wahren und falschen Informationen, die von den verschiedensten Personen aus ebenso verschiedenen Gründen verbreitet werden. Botendienste machen gute Gewinne, und einige Reiche beginnen, sich Sorgen zu machen wegen des Goldes, das sie ausgeben müssen, um an lebenswichtige Informationen zu gelangen - oder das, was sie dafür halten.
Attentat auf den Inquisitor:
Karo (Freie Handelsstadt): In Karo, der Handelsstadt zwischen Scyrenia und dem Auge der See, traf in diesem Mond mit großem Gefolge Vamos dal Grachez, der Inquisitor höchstpersönlich, mit einem großen
Aufgebot an Schiffen aller Größen ein. Da er seine Ankunft weit im voraus angekündigt hatte, hatten sich
nicht nur Karos regierender Rat, sondern auch Abgesandte der verschiedensten Reiche am Hafen eingefunden,
um den gefürchteten Anführer der „Inquisition“ genannten Organisation einmal in eigener Person zu Gesicht zu bekommen. Während das legendäre Flaggschiff, dessen Größe in den Geschichten durchaus nicht
übertrieben wurde (sagte jemand, der dabei war), mit einer Schutzflotte aus Kriegsschiffen zwei Meilen vor der
Stadt vor Anker ging, lief der Inquisitor mit einer weiteren Begleitflotte aus etwa 30 der gewaltigen Inquisitionsschiffe in den Hafen ein. Währenddessen stiegen vom Flaggschiff einige Flugwesen auf und
näherten sich der Stadt. Etwas später konnte man sehen, daß es sich um eine Art kleine Drachen handelte, die
gepanzerte Reiter trugen. Der Inquisitor, gefolgt von 24 seiner Gardisten, verließ nun seine Flotte. Dicht hinter
diesen folgte ein in schwarze Roben gekleideter, großer Mann mit einer gewaltigen Axt und stumpfen blinden
Augen, der dennoch ging, als könne er sehen, und an seiner Seite ein Wesen, das man am besten als dreifach
-großen Tiger bezeichnet. Während der Inquisitor sich dem Begrüßungskommittee zuwandte, schien der Exorzist - denn das war der Mann mit dem großen Raubtier - mit blinden Augen die versammelte Menge zu
mustern. Dabei umspielte ein herablassendes Lächeln seine Lippen. Dann machten sich Gardisten und Führer der Inquisition auf zum Tempel des Gottes Norto. Als sich zwei Tage später der Inquisitor nach einem Treffen mit dem regierenden Rat wieder verabschieden wollte, geschah das Unglaubliche: Er stand bereits wieder an Bord seines Schiffes
und gab den Befehl zum Ablegen, als einer in der Menge vortrat und eine schwere Armbrust hob. Mit den Worten „Nieder mit dem Tyrannen!“ ließ er den Bolzen fliegen. Jeder konnte sehen, wie
der Bolzen den Inquisitor traf - und glatt durchdrang, ohne Schaden anzurichten. Sofort waren die Gardisten zur Stelle, drängten die Menge zurück und hatten den Attentäter augenblicklich
festgenommen und aufs Schiff geschleppt, wo sich der Inquisitor ihm zuwandte. Mit leiser Stimme fragte er: „Woher kommt Ihr? Wer hat Euch beauftragt?“ „Niemals werde ich Euch das verraten!“, knirschte der Attentäter und versuchte vergeblich, sich aus dem Griff der Gardisten zu befreien.
„Ihr solltet lieber die Wahrheit sagen“, sagte da der Exorzist, der unmerklich herangetreten war. „Es könnte sonst unangenehm werden für Euch - sehr, sehr unangenehm.“ Es war das erste Mal,
daß er sprach. Seine Stimme klang betrügerisch sanft. Ohne daß man irgendetwas anderes hätte sehen können, schrie der Attentäter plötzlich auf und begann sich auf dem Boden zu winden.
„Noch einmal,“ sagte der Inquisitor, „Woher kommt Ihr?“ „Wir werden Euch vernichten! Gra-Tha N’My ist stärker!“, rief der schmerzgepeinigte Mann mit letzter Kraft, bevor er bewußtlos zu Boden sank.
„Danke“, sagte der Inquisitor, und es war unklar, an wen das Wort gerichtet war. „Schafft ihn fort...“
Vermutliche Spione gefangen:
Karo (Freie Handelsstadt): Kurz nach der Ankunft des Inquisitors in Karo schritten einige Gardisten,
begleitet von dem unheimlichen „Exorzisten“, durch die Straßen der Stadt. Von Zeit zu Zeit wirkte der
Exorzist etwas abwesend, richtete aber seine blinden Augen hierhin und dorthin, und zeigte schließlich in eine
Richtung und endlich auf ein Haus. Die Gardisten drangen in das Haus ein und verhafteten einen Mann und eine Frau. „Das sind sie - die Spione aus Gra-Tha N’My“ sagte der Exorzist, und ein dämonisches Lächeln erschien auf seinem Gesicht. Sie werden natürlich nichts zugeben. Wir werden sie - nachsichtig
wie wir sind - der Stadtwache Karos übergeben, anstatt sie selbst zu verhören. Sonst muß ich mir wieder von einigen Ignoranten anhören, meine Methoden seien zu drastisch. Führt sie ab.“ Dasselbe geschah noch an einem anderen Ort, nur, daß es hier ein einzelner Spion aus Ygora sein sollte, der verhaftet wurde. Die Gefangenen wurden erst einmal festgehalten. Der regierende Rat scheint unentschlossen, wahrscheinlich nicht zuletzt, weil er unsicher ist, wie die Äußerungen des Exorzisten
aufzunehmen sind - denn schlüssige Beweise wurden nicht gefunden, außer, daß bei einem der „Spione aus Gra-Tha N’My“ eine Phiole mit einer giftigen Substanz gefunden wurde, die bisher
nicht näher bestimmt werden konnte. Da der Mann sich als Händler ausgab, ist das allein natürlich verdächtig, vor allem, da viele vermuten, daß in Gra-Tha N’My viel mit Giften
umgegangen wird. Dennoch bleibt ein leiser Zweifel...
Inish Tirunedh beschließt Anschluß an Rhyandi
Iltirniy (IT): Nach zweimonatigen Verhandlungen zwischen Taana-Morigel und Shinaya von Arganthur ist der Anschluß von Inish Tirunedh an Rhyandi nunmehr perfekt. Als Motiv für den Anschluß gab die
Waldhüterin an, daß sie mit ihrem kleinen Land niemals eine ausreichend große Armee unterhalten könne, um
Inish Tirunedh angemessen zu verteidigen. Da Rhyandi versprochen habe, Inish Tirunedh wie in vergangenen
Zeiten als Teil des Reiches zu behandeln und nicht als entlegene Provinz, und die Insel mit der Magie der
Elrhadainn zu schützen, sei der Anschluß das Beste für die kriegsmüden und sowieso wenig kämpferischen
Tirion gewesen. Es heißt, daß die Waldhüterin im nächsten Jahr zur Elrhadyni initiiert werden soll, um dann dem Kreis der Wächter beizutreten, die die rhyandischen Städte vor Angriffen schützen.
Rhyandi macht Ernst mit der Abrüstung
Lirynelrhad (RH): Was viele nicht glauben wollten, wird Wirklichkeit. Seit dem Ende des letzten Monds
befinden sich im gesamten Reichsgebiet Rhyandis auf dem Auge der See und auf Inish Tirunedh nur noch etwa
zweitausend Krieger, die, so sagte man im Hohen Rat, der Erkundung innerhalb des Reichs und dem Schutz der
Städte dienen. In den Städten hat der Kreis der Wächter seinen Dienst angetreten, der die magischen Verteidigungseinrichtungen bedienen soll, die in den letzen vier Monden in allen Grenzstädten Rhyandis
eingerichtet worden waren. Große Heere, sagte Wolf von Arkydor, der Berater für militärische Angelegenheiten
, würden ab sofort nur noch benötigt, um die Siedler zu schützen, die in die Eisländer auswanderten, und das nur so lange, bis die neugebaute Stadt in diesem Gebiet einen Wächter bekommen habe.
Lyr a Krae stellt ein Ultimatum
Zwillingsstädte (Freie Handelsstädte): Einen Mond nach der Ankunft seines Expeditionsheers bei den
Zwillingsstädten stellte Lyr a Krae dessen Herrschern ein Ultimatum. Näheres wollten die Händler nicht
bekanntgeben, aber es heißt, daß er eine jährliche Tributzahlung fordert. Anderenfalls würden seine untoten
Heere demnächst auf einen Besuch vorbeikommen. Das sagte jedenfalls der Anführer der Eisbarbaren im Dienst des Herrn des ewigen Eises, bei seinem kurzen Besuch in der Stadt. Glücklicherweise, meinte ein
Händler, handle es sich wenigstens um Lebende - an denen könnte man noch etwas verdienen. Es ist noch
unklar, wie sich die Städte entscheiden werden. Als Alternative zur Tributzahlung steht ein Hilferuf an Rhyandi, dessen Heere im letzten Mond nicht unweit der Städte gesehen wurden.
Kartan überfällt Flotte aus Thar Scandi
Port Maer (TS): Nach Berichten der Flottenführung in Thar Scandi hat im letzten Mond eine große
kartanische Flotte eine Flotte Thar Scandis nahe einer bewaldeten Insel im Schimmernden Meer überfallen
und zur Hälfte vernichtet. Der Angriff sei völlig überraschend gekommen und sein Motiv sei völlig unklar, hieß
es. Kartan könne doch wohl nicht glauben, gegen Ygora und Thar Scandi gleichzeitig kämpfen zu können - aber
von den Schergen der Finsternis habe man ja wohl nichts anderes erwarten können. Aus Kartan kamen diesbezüglich noch keine Stellungnahmen. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.
Abzug aus Titanik:
Dakpoort(TK): Nachdem ganz offiziell der Frieden verkündet ist und im letzten Mond bereits die Heere Chi
Tai Pehs bis auf ein Erkundungsheer aus Titaniks Reichsgebiet abzogen, machte sich nun Ygoras Expeditionsheer auf den Heimweg. So interpretieren Beobachter jedenfalls die plötzliche Richtungsänderung in
Richtung Ygora und das Aufhören der Plünderungen. So sind jetzt zum ersten Mal seit sehr langer Zeit auf
Scyrenia in der nächsten Zeit keinerlei Kampfhandlungen zu erwarten - es sei denn, daß die Mörderbienen den Weg nach Ygora schneller finden als gedacht.
Ygoras Neue Länder fast erobert
Neue Länder (YG/KA): Mit der Vertreibung zweier Reiterheere Ygoras von der Insel, die in Ygora die
Neuen Länder genannt wird, verliert Ygora seine dortige militärische Präsenz fast vollständig. Noch
unangenehmer wird die Lage dadurch, daß Kartan inwischen eine Burg dort besitzt, während es Ygora bisher
nicht geschafft hat, einen Ort zu befestigen. Dafür ging es alles wohl auch zu schnell. Zur Zeit bemüht man
sich, von den Festungen auf den benachbarten Inseln Verstärkung zu schicken, doch machen umherstreifende
kartanische Flotten, mit zehntausenden von Mörderbienen besetzt, das ganze zu einem äußerst unsicheren
Unternehmen. Allerdings ist Ygora dafür bekannt, daß man dort auf ungewöhnliche Ideen kommt, und überdies
eines der größten Reiche Ysatingas. Man darf gespannt sein, wie sich die Lage dort weiterentwickelt, vor allem angesichts Kartans erklärter Absicht, demnächst auf Scyrenia zu landen.
An das Volk von Gra-Tha N´My!
Schon sind etliche Tage und viele Monate verstrichen seit Tek´ton kro K´Sy an die Macht gekommen
ist. Nach seiner Antrittsrede, in der er immerhin vergangenes Unrecht einräumen mußte und einigen Worten, die sich so anhörten, als ob sich etwas ändern sollte, schöpften viele Hoffnung. Die meisten
verdrängten verständlicherweise die üblen Anzeichen, sie wollten nach vielen Jahren endlich einen Neubeginn, der sich mit dem Friedensschluß abzuzeichnen schien. Das Leugnen von Willkür und Terror wurde, angesichts der am eigenen Leibe erfahrenen Wirklichkeit,
als letzter Versuch des alten (?) Regimes gesehen, sich aus der Verantwortung zu stehlen. Die Verfasser der Artikel „Stellungnahme“ und „Terroristenprozesse“ für Überbleibsel der alten Regierung
gehalten. Schließlich konnte man vom neuen Machthaber folgendes hören: „Von nun an die Gesetze... von unserer Seite garantiert.“ Damals trauten die Bürger Mem-t´quilph und das Volk von Gra-Tha N´My Tek´ton kro K´Sy ein rasches Durchgreifen durchaus zu.
Doch hat sich bis jetzt etwas geändert? Fragen über Fragen stellen sich den Bürgern. Wie kann es sein ,
daß die Leute, die sich gegen Willkür, Gewalt und den Terror von seiten der verbrecherischen Regierung gewehrt haben und damit im Einklang mit dem Kirox gehandelt haben („ Der Kirox verbietet
Willkür, Gewalt und Terror von Seiten der Regierung..“) als Terroristen bezeichnet und verfolgt statt ausgezeichnet werden für ihren Mut? Macht endlich den Urheber der Kirox-verachtenden Texte den Prozeß!
Wie kann es sein, daß keiner der Verantwortlichen für seine Untaten angeklagt wurde? Wie kann es sein, daß Leute, deren Verhandlung noch aussteht schon im vorhinein als Terroristen verurteilt und
nicht als Verdächtige bezeichnet werden ?
Erste Zweifel machten sich breit, doch noch überwog die Sehnsucht nach einem Leben ohne Angst,
ohne Willkür und ohne Terror. Wenige Monate später zerplatzten die Träume, ein normales Leben zu führen. Der Gra-Tha N´My-Bote Nummer 4 wurde bekannt und mit ihm neue Lügen und Schauergeschichten einer Dimension,
die sogar für die geschundenen Bürger von Mem-t´quilph neu waren. Die alten Spießgesellen, das war jetzt klar, hatten immer noch die Macht in ihrer schönen aber gezeichneten Stadt. Ernüchterung und Enttäuschung machte sich breit. Keiner hatte ihnen geholfen. Die Rechte aus dem Kirox wurden und werden, trotz aller Garantien, in Mem-t´quilph weiterhin mit den Füßen getreten. Als
jetzt aber auch noch „Agenten“ die Bevölkerung bespitzelten, konnte man spüren wie die Stimmung von Enttäuschung in dumpfe Wut umschlug. Auf Tek´ton kro K´Sy hofft hier keiner mehr. Die
meisten halten ihn für einen Strohmann oder gar für einen Kumpanen der Verbrecher aus den Zeiten des Oran Rey Taros Fa’Ny.
Darum frage ich Euch Tek´ton kro K´Sy: Seid Ihr wirklich so blind oder wollt Ihr nicht sehen? Noch könnt Ihr vielleicht durch rasches Handeln das Vertrauen der Bevölkerung zurückgewinnen. Mit Propaganda jedenfalls nicht! Setzt endlich die Rechte der Bürger durch, oder wollt ihr Euch als ein
weiterer Tyrann an der Macht berauschen ?
An die Bürger von Mem´t quilph richte ich folgenden Appell: Laßt Euch nicht provozieren von den
Schergen. Leistet keinen offenen Widerstand gegen die schwerbewaffneten Mörderbanden der alten (?) Tyrannen. Sie würden sich freuen, wieder einmal im Blut Unschuldiger zu baden. Der Tag der Freiheit
wird wieder kommen. Ihr werdet Euch fragen: Wann? Ich kann leider nur soviel versprechen: meine Leute und ich werden uns auch weiterhin für die Freiheit und Rechte der Bevölkerung einsetzten. Die Freiheit ist weder durch Propaganda noch durch Gewalt
aufzuhalten! Die Tyrannen verschätzen sich, wenn sie glauben, daß es aufgrund von aus der Luft gegriffen Beschuldigungen zu unüberlegten Aktionen kommen wird. Wir stehen einzig und allein für die Freiheit
der Bevölkerung ein, für sonst nichts! Die nächsten Monate werden endgültig zeigen wer Ihr wirklich seid: Ein Tyrann, gegen den jeder aus freien Stücken mit seinen Mitteln ankämpft oder vielleicht doch ein Herrscher. Erinnert Euch an Eure
Worte und handelt endlich danach!
Lang lebe ein freies und gerechtes Gra-Tha N´My
gez. der Falke
Verstärkung !
Zuerst sah man nur Risse im Eis und konnte ab und zu einen schweren Aufschlag hören, der aus den
Tiefen des Eises kam. Dann aber wurden die Risse größer und breiter. Nach dem nächsten Schlag war das Eis mit feinen Adern überzogen, wie als wenn eine riesige Eisspinne hier ihr Netz gewoben hätte.
An manchen dieser Risse konnte man bereits sehen wie Wasser aufstieg, wie Blut aus einer Wunde.
Der letzte Schlag war zugleich der Stärkste. Das Eis zerbarst, wie als wenn ein Titan mit seinem Hammer darauf geschlagen hätte. Sofort ergossen sich die Wassermassen des Eismeeres in die Wunde
des Eislandes.
Etwas kam aus dem Eis. Aber es war kein Ungeheuer, kein Eisriese und auch kein Untoter. Nein ! Es waren Schiffe, so ungewöhnlich in der Bauart, daß sie noch niemand bislang hier gesehen hatte.
Offensichtlich handelte es sich um Galeeren, deren Bug sehr hochgezogen war. Und eben dieser Bug war es, der die Schiffe so außergewöhnlich machte. Er war mit einem roten Metall überzogen, das
regelrecht zu glühen schien. Tatsächlich schmolz das Eis an den Stellen, an welchen ein Bug der über 4 Dutzend Schiffe das Eis berührte.
Dann begann aus der Wunde im Eis eine Flotte ins Eismeer einzulaufen. Zuerst nur diese merkwürdigen Schiffe, aber dann kamen hinter ihnen die restlichen Schiffe, für die der Weg jetzt frei
war. Kriegsschiffe !
An der Reling des vordersten Schiffes dieser Kriegsflotte stand eine Gestalt. Es war eine Frau. Ihr dunkles Haar wehte im eisigen Wind. Ihr Gesicht war verkniffen und dunkelhäutig. Die Augen waren
schmale Schlitze, wie die einer Schlange. Sie trug eine nachtschwarze Robe mit einer Kapuze, die sie zurückgesclagen hatte. In der rechten, schwarz behandschuhten Hand hielt sie einen langen Stock, der
so groß war wie sie selbst und aus demselben Metall gefertigt war, wie der Bug der vordersten Schiffe dieser Flotte. Ihr Haar wurde von einem ebenfalls rot-metallenen Diadem zurückgehalten. Und wenn
man genau hinsah, konnte man ein Zeichen auf dem Diadem erkennen: Das Symbol der Inquisition! Prinzessin Nellipher Ad dal Inquez war auf Ysatinga angekommen !
An einem anderen Ort : „Eure Eminenz, entschuldigt mein unangemeldetes Erscheinen, aber ich bringe wichtige Neuigkeiten.“
Der weiß gekleidete Mann mit dem goldenen Symbol der Inquisition um seinen Hals wandte sich unwillig um. „Dann sprecht, und ich hoffe, es ist wirklich wichtig!“
Der Mann wurde unter dem Blick seiner Eminenz nervös und begann an seiner Unterlippe zu kauen. Schließlich riß er sich zusammen und sprach weiter: „Uns hat die Kunde erreicht, daß Eure Schülerin, die Prinzessin Nellipher Ad dal Inquez, endlich eingetroffen ist.“
Selten sah man einen derartig erfreuten Gesichtsausdruck auf dem Gesicht von Vamos dal Grachez. „Wo ist sie eingetroffen? Und wieviel Soldaten hat sie dabei?“
Der Mann beeilte sich zu sagen „Soweit ich weiß, hat sie die 6.,7.,8. und 9. Flotte dabei. Und wenn diese Informationen stimmen, dann müssen auch die Einheiten des 3.,4. und 7. Heeres dabei sein. Sie erreichte Ysatinga mit Hilfe der Eisbrecher in der Gegend von Rhyandi.“
Das Gesicht des Inquisitors erhellte sich noch weiter. Er machte eine langsame, umfassende Geste in Richtung der Wandkarte und sprach: „Das würde ja bedeuten, daß wir nun allein auf dem Auge der
See eine Schlagkraft von über 1000 Schiffen hätten ?“ Der Andere lockerte sich nun etwas „Ja, Euer Eminenz, das ist richtig !“
Dann flackerte wieder ein böses Lächeln auf dem Gesicht des Inquisitors......
Bekanntmachung
hiermit gibtdas Reich Chi Tai Peh unter seinem Imperon, Frobozz, bekannt:
Um den Krieg gegen Titanik endlich zu beenden, bitten wir unsere Verbündeten Ygora und Wergolost, die Kampfhandlungen gegen Titanik einzustellen.
Wir möchten dieses sinnlose Blutvergießen endlich beenden, um wieder in Frieden leben zu können.
Orq Morgoth,
gez.
Frobozz,
Imperon von Chi Tai Peh
Todesstille
(Quelle: unbekannt)
Mein Name ist Eloth. Ich war der erste Maat und bin der letzte Überlebende der Ghrimad, eines
Piratenschiffs unter Kapitän Jasse. Dieser Bericht soll all jenen eine Warnung sein, die glauben in den Tiefen des Eismeers würde man Ruhe und Frieden finden. Ruhe ja - aber Frieden nicht - nicht einmal
den ewigen Frieden.......
Es begann an jenem Tag, als Jasse nach einem erfolgreichen Überfall auf ein Handelsschiff die
Gefangenen einer gründlichen Befragung unterzog. Wir hatten das Gefühl, als hätten wir noch längst nicht alles an Bord gefunden. Denn seien wir ehrlich: Was hat ein Handelsschiff an der Grenze zum
Eismeer zu suchen?! Erst als Jasse drohte, einem Mitglied der gefangenen Mannschaft die Ohren abzuschneiden, meldete sich ein älterer Mann und sagte :
„Lassen Sie uns ziehen Kapitän, ich verrate Ihnen auch den Grund unserer Reise!“ Dabei zog er aus einem Versteck im Absatz seines Stiefels ein fein zusammengefaltetes, geöltes Stück Pergament und
hielt es hoch. „Dies ist der Beweis, daß die alten Grabstätten der Cowaren tatsächlich existieren. Und mehr noch: Sie beschreibt sogar, wie man die Gräber finden kann.“
Ein Leuchten hatte in seine Augen geflackert. Jasse schüttelte den Kopf. „Eine Schatzkarte also? Von den Cowaren habe ich aber noch nie etwas gehört.“ Der alte Mann wurde jetzt eifriger und witterte
eine Chance. „Dann will ich es Euch erzählen Kapitän. Hört gut zu!“ Dann begann der alte Mann zu berichten und wie unter einem Bann hörten alle zu.......
„Die Sage berichtet von einem Volk, das irgendwo tief im Packeis lebte. Dieses Volk nennen wir die Cowaren. Große und mächtige Krieger müssen Sie gewesen sein. Sie trotzten der Kälte und den
Eisstürmen. Sie unterwarfen für Generationen alle Völker des Eises. Im Krieg benutzten Sie riesige Schlitten mit Kufen, die von großen, weißen Eiswölfen gezogen wurden. In ihren Fellen und mit ihren
fürchterlichen Kriegsäxten bewaffnet fielen Sie über ihre Opfer her. Der eisige Wind, der stets mit diesen Schlitten wehte, heulte grausig, daß einem das Blut in den Adern gefror. Die Gefallenen und
Gefangenen warfen sie den Eiswölfen zum Fraß vor. Und jedes Mal, wenn sie wieder Tod und Verderben über dem Eis verbreitet hatten, verschwanden sie im Nichts, aus dem Sie gekommen waren.
Bald wagte niemand mehr, sich den Forderungen der Cowaren zu widersetzen.
Angeführt wurden die Cowaren von den Throcowar, ihren mächtigen und furchtbaren Königen. Wir wissen, daß ein Throcowar nur solange herrschte, wie unter ihm neue Völker versklavt und neue
Gebiete erobert wurden. Ein erfolgloser Throcowar wurde hingerichtet, aber trotz allem in allen Ehren, wie es einem König gebührt, begraben. Dann nahm ein neuer Throcowar seinen Platz ein.
Jahrzehnte herrschten die Cowaren im Eis und brachten in dieser Zeit die 6 legendären Eisjuwelen von Cakarat in ihren Besitz. Diese 6 Juwelen sicherten das Überleben der Cowaren und waren
wahrscheinlich auch ihr Untergang.
Sechs Juwelen aus Eis Geschaffen auf göttlich Geheiß Des Roten Steines Feuer glimmt Dem Krieger Kampfeslust bringt
Grün der Glanz des Zweiten glüht Auf den rechten Pfad Dich führt Blau brennt eine Glut im Dritten Und erhört werden all Deine Bitten
Im Vierten weißes Feuer entfacht Dich unverwundbar macht Gelb wie die Sonne am Himmel steht Deinem wachen Auge nichts entgeht
Kein Licht in den Schwarzen dringt Dem Land Deine Herrschaft bringt Sechs Juwelen aus Eis Und Verdammung ist der Preis
Niemand weiß, was wirklich zum Untergang der Cowaren geführt hat, aber es ist bekannt, daß der letzte Throcowar mit allen sechs Juwelen zusammen begraben wurde. Ebenso wußte bis vor wenigen Monden keine Seele, wo diese Steine jetzt sein mögen, oder wie das Grab eines Throcowar ausgesehen haben mag, bis es mir endlich gelang, dieses Dokument zu übersetzen. Es beschreibt genau wie die Cowaren ihre Könige begruben. Es war demnach so, daß die Cowaren einen Eisberg am Rande des Eismeers suchten, der im Begriff war sich loszureißen. Sie schlugen eine Höhle hinein und schufen so eine Gruft aus Eis, in der sie den toten Throcowar beisetzten. Die Gruft selbst lag somit unter dem Meeresspiegel inmitten eines Eisberges. Nachdem man alle Grabbeigaben ebenfalls in der Gruft verstaut hatte, ließ man die Höhle aus Eis einstürzen und hielt Totenwache, bis der Eisberg sich endgültig vom Packeis löste und auf dem Meer verschwand.
Damit lägen eigentlich alle Juwelen für immer verschwunden auf dem Grund des Meers, aber ich verbrachte zehn Jahre meines Lebens damit, die Meeresströmungen in jenen in Frage kommenden Gebieten zu studieren. Es besteht demnach die Möglichkeit, daß die Eisberge damals nicht in wärmeren Gewässern geschmolzen sind, sondern, daß sie von der damaligen Strömung in weitem Bogen zurückgetrieben wurden und sich woanders wieder am Packeis anlagerten. Und ich weiß jetzt auch wo.“
Alle Piraten und auch Jasse und ich hatten wie gebannt der phantastischen Geschichte des alten Mannes gelauscht. Niemand hatte auch nur einmal versucht ihn zu unterbrechen oder gar wegzuhören. Auch mir blieb alles wie in Trance vor Augen......
Der alte Mann schlug vor, daß wir uns zusammentun sollten, um gemeinsam das Grab des letzten Königs der Cowaren zu finden. Wir konnten alle nicht anders, als unserem unerklärlichem Fanatismus zu folgen und sofort alle Segel zu setzen und Richtung Eismeer aufzubrechen.
Heute weiß ich, daß der alte Mann uns verhext hatte. Keiner von uns konnte mehr einen eigenen Gedanken denken oder frei handeln. Wir waren alle zu seinen Dienern geworden. Damals allerdings
ahnten wir davon nichts. Und mir fiel auch viel zu spät das abgrundtief Böse auf, das in den Augen des Alten stand, das uns begann zu verzehren, das uns zu Werkzeugen machte und das unser Verderben
werden sollte.
Zwei Monate später erreichten wir die ersten Gewässer des Eismeeres. Den ganzen Tag waren bis zu vier Männer damit beschäftigt, die Tiefe zu loten, weil auch schon erste Eisberge in Sicht kamen. In
der untergehenden Sonne sahen diese Giganten aus Eis wie - ja wie - riesige Juwelen aus Eis aus. Gemächlich trieben sie dahin und mit jedem Meter kamen Sie ihrem Ende näher. Unaufhaltsam war ihr
Ende. Mir fiel damals noch nicht die zynische Gleichbedeutung mit unserem Schicksal auf.
Ein paar Tage später ordnete der alte Mann eine Kursänderung an. Wir segelten jetzt parallel zum Packeis an der eisigen Küste entlang. Noch am selben Abend änderte sich das Wetter, das uns bis jetzt
hold gewesen war. Ein Eissturm begann die See aufzuwühlen. Ein Wind begann die Kälte in unsere Knochen zu treiben, wie ich ihn noch nie erlebt habe. Meterhohe Wellen trieben uns immer wieder
vom Kurs ab. Bald war der Wind so stark, daß man sich an Deck festbinden mußte. Die eiskalte Gischt schlug unsere Gesichter blutig, als wenn sie von einer Unzahl glitzernder Diamanten getroffen würden.
Dann erschien der alte Mann an Deck und schritt mit einer unglaublichen Sicherheit zum Bug der Ghrimad. Sein Haar wehte zwar im Wind, aber er schien nichts davon zu spüren. Er stellte sich
hochaufgerichtet an die Reling und hob beide Arme. Dann rief er etwas was mich an Blitz und Donner erinnerte : „Du wirst mich nicht mehr aufhalten, hahahaha. Deine Winde können mich nicht erreichen.
Du bist tot, aber ich lebe! Und es gibt nichts was Du dagegen machen kannst, hahahaha. Du versagst und ich gewinne. DIE STEINE GEHÖREN MIR, NUR MIR ALLEIN, HAHAHAHA.“
Aus den Augenwinkeln sah ich auf einmal eine Bewegung. Ich wandte den Kopf und konnte dann einen Schrei nicht unterdrücken. Ein Eisberg, so groß wie eine ganze Festung trieb - nein schnellte -
geradewegs auf uns zu. Der alte Mann hörte dies wohl und reagierte mit einer Geschwindigkeit, die man einem Mann seines Alters niemals zugetraut hatte.
„Nicht schlecht, aber ich bin besser! Perderom Aquimem Creterem Aurinium.“ Jetzt konnte ich zum erstenmal sehen, was ein Magier war. In einem Augenschlag war der alte Mann in Blitze gehüllt. Er
richtete seine geballten Fäuste auf den Eisberg. Mit einem Mal wurde die Nacht so hell wie der Tag. Blitze zuckten aus seinem Armen und erfaßten den Eisberg. Zunächst leuchtete der Eisberg nur blau
auf. Dann geschah einen Augenblick später etwas, was ich mir in meinem kühnsten Träumen nicht gedacht hätte. Ein ohrenbetäubender Donner raubte mir zeitweise das Gehör. Dann ein Blitz, der mir
kurz die Sicht raubte. Der Eisberg begann sich aufzublähen und explodierte in allen Farben des Regenbogens. Damit aber nicht genug - die einzelnen Bruchstücke des Eisberges, die jetzt durch die
Nacht flogen, wurden ebenfalls von diesem Blitzgewitter erfaßt und explodierten ihrerseits. Einen Augenblick später war von dem Eisberg nichts mehr übrig. Fast im selben Moment war die See wieder
ruhig und der Wind ließ nach. Wir waren außer Gefahr und segelten weiter unverhohlen unseren Kurs. Der alte Mann aber verschwand wieder unter Deck. Seit diesem Ereignis zweifelte niemand mehr
daran, daß wir es schaffen würden.
Das Packeis ist von unglaublicher Schönheit. Ich konnte es stundenlang betrachten. Immer wieder fand
ich neue Skulpturen in den teilweise grotesk anmutenden Bergen aus Schnee und Eis. Wenn die Mittagssonne über dieses wundersame Land scheint, ist man geblendet wie vom Glanz eines
Diamanten. Und abends, wenn die Sonne am Horizont versinkt, wird alles in tiefes Rot getaucht. Dann sieht das Meer aus wie ein See voll Blut und Rubinen.
Seit zwei Tagen haben wir Begleiter, die unverdrossen der Ghrimad folgen. Es sind große Fische, vielleicht etwas länger als ein Mensch groß ist, und scheinen sehr kräftig gebaut zu sein. Immer wieder
springen sie aus dem Wasser und geben dabei so etwas wie Rufe zum Gruß von sich. Es waren Delphine. Noch nie hatte ich welche mit eigenen Augen gesehen. Dann tauchten sie ebenso elegant
wieder ins Wasser. Ich konnte ihnen so fasziniert zusehen, daß ich alles um mich vergaß.
Eines frühen Vormittags wich das Eis zurück und gab den Blick in eine Bucht frei, die sich einige Seemeilen weit ins Landesinnere erstreckte. Die Küsten waren hier über hundert Schritte hoch und fast
senkrecht steil. Nein, wenn ich mich recht erinnere, hingen die Küsten sogar über das Meer hinaus.
Erst jetzt fiel mir auf, daß, seit wir in diese Bucht segelten, unsere Begleiter verschwunden waren. Aber noch ehe ich diesen Gedanken zu Ende denken konnte, erschien der alte Mann an Deck und
verkündete : „Wir haben es geschafft! Wenn meine Nachforschungen rechtbehalten, müssen die Eisberge in dieser Bucht angetrieben worden sein.“
Mehr zu mir selbst flüsterte ich vor mich hin „Und wie sollen wir hier ein Grab finden, das vielleicht schon von Dutzenden anderer Eisberge verdeckt wurde?“
Wie als wenn der alte Mann mich verstanden hätte, hörte ich ihn sagen : „Um das Grab ausfindig zu machen, habe ich einen Richtungsweiser konstruiert.“ Mit diesen Worten holte er eine Handvoll
Messingstangen, einige Schnüre und einen merkwürdigen Pfeil aus Gold hervor. Er begann ein Gerät zusammenzubauen, das in etwa einem Würfel entspricht, der auf einer seiner Ecken balanciert. Von
der oberen Ecke hing an einem dünnen Faden der Goldpfeil. Und tatsächlich ! Der Würfel blieb unverständlicher Weise genau auf der Ecke stehen und der Pfeil begann zu rotieren, bis er stehenblieb
und in Richtung des Packeises wies. Der alte Mann deutete in jene Richtung und sagte : „Dorthin müssen wir. Dort liegt das Grab des letzten Throcowar. Und wo das Grab ist, da finden wir auch die
Eisjuwelen.“ Wir nahmen Kurs auf die bezeichnete Stelle. Aus den Augenwinkeln konnte ich kurz einen der Delphine sehen, wie er den Kopf aus dem Wasser streckte und den Kopf heftig schüttelte, wie als
wenn er mir etwas sagen wollte. Zum erstenmal seit dem Beginn unserer Suche bekam ich Zweifel...
Ich schien jedoch der Einzige gewesen zu sein, der meinen kleinen Freund gesehen hatte - hatte ich eben MEIN kleiner Freund gedacht?? Irgend etwas ging hier vor...
Etwas verwirrt konzentrierte ich mich wieder auf das vor uns Liegende. Wir hatten vor dem Packeis gestoppt. Vor uns erhob sich drohend und abweisend die Küste und senkte einen dunklen Schatten
über die Ghrimad. Wieso hatte ich auf einmal das Gefühl, als hätte die ganze Zeit schon ein Schatten über unserer Reise gelegen? Ich spürte regelrecht, wie diese Küste schon fast schrie, daß wir hier
wegbleiben sollten. Und wieder war ich der einzige, der dies bemerkte. Irgend etwas in mir schien einen Kampf aufgenommen zu haben, das seit unserer Reise wie gelähmt war.
Wir begannen jetzt, Haken aus Metall in das Eis zu schlagen. Diese wurden mit Seilen verbunden. So bahnten wir uns einen Aufstieg nach oben. Das Klettern fiel mir immer schwerer, je näher ich das Ziel
kommen sah. Ich wagte bald gar nicht mehr nach unten sehen. Hatte Jasse eigentlich eine Wache an Bord zurückgelassen? Nein! Ich erinnerte mir erst jetzt, daß der alte Mann darauf bestanden hatte, daß
auch wirklich alle mitkommen sollten, um an seinem Triumph teilzuhaben. Wieso war ich der Einzige, dem das auffiel?
Als wir endlich oben ankamen, spürte ich zum ersten Mal, wie kalt mir war. Ich trug immer noch meine Matrosenkleider, die keinesfalls geeignet waren, im Eis zu überleben. Ich blickte mich um und
sah wie meine Kameraden, die hinter mir geklettert waren, sich auch über die Kante zogen. Und dann erblickte ich noch etwas : Mitten in der Bucht sah ich wieder meinen Delphinfreund wie er aus dem
Wasser sprang und versuchte mir etwas mitzuteilen. Ich schaute ihm eine Weile zu.
Und mit einem Mal fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Ich hatte Hunger, wie ich ihn noch nie erlebt hatte, meine Gelenke waren fast erfroren, meine Fingerkuppen waren blutig, ein Schmerz tobte
in meinem Kopf - aber das schlimmste war etwas ganz anderes: Ich sah meine Kameraden und konnte einen Brechreiz nicht unterdrücken. Das waren keine Menschen mehr! Sah ich etwa auch so aus? Ihre
Gesichter waren eingefallen, ihre Körper ausgezehrt. Die Farbe ihrer Haut war eher grün oder weiß. Die Haare waren struppig und von Unrat bedeckt. Manche gingen gebückt, andere zogen ein Bein
hinterher, wie als wenn es gebrochen war. Und alle folgten in Reih und Glied dem alten Mann, der sich als einziger nicht verändert hatte. Ich brach zusammen.
Ich weiß nicht wie lange ich gelegen bin, aber als ich aus meiner Ohnmacht erwachte, sah ich gerade wie die letzten meiner Kameraden in einem Loch im Boden verschwanden. Ich wankte hinterher. Ich
mußte einfach wissen, was jetzt geschehen sollte. Am Rand des Lochs legte ich mich hin und blickte hinab. Es war ein frisch gegrabener Schacht. An den Wänden waren wieder Haken und Seile befestigt.
Unten erstreckte sich eine riesige Höhle mit einem Grabhügel in der Mitte. Auf der Grabplatte aus Eis waren einige Zeichen aus Gold eingelassen und in deren Mitte schimmerte ein Name, der Name des
letzten Königs der Cowaren. Ich versuchte ihn gerade zu entziffern, als ich bemerkte, daß sich die Zeichen irgendwie meinen Augen versuchten zu entziehen. Es war, als versuchten sie, mir den Namen,
den sie bildeten, zu verschleiern.
Ich gab jedoch nicht auf und zwang mich mit meinen letzten Kräften mich zu konzentrieren. Langsam setzten sich die Zeichen zusammen. Und mit einem Mal hatte ich den Namen vor mir. Und im selben
Moment wünschte ich mir, ich hätte niemals versucht den Namen herauszufinden. Ein eisige Klaue bohrte sich in meinen Schädel. Ich begann am ganzen Körper zu zittern und nicht nur aus Kälte. Mein
nächster Gedanke war nur Flucht. Ich rappelte mich auf und wandte mich um. Dabei prallte ich gegen das, was meine grausigsten Träume zu Gute-Nacht-Geschichten deklassierte.
Vor mir stand ein Wesen, halb Mensch halb Geist. Seine Augen leuchteten in einem Todeslicht. Seine Hände waren nur Knochen und fast durchsichtig. Ich stieß einen Schrei der Todesangst heraus,
taumelte rückwärts und fiel unsanft. Die Gestalt kam auf mich zu und richtete einen Knochenfinger auf mich und sprach mit einer Stimme, die nicht von dieser Welt stammt. „Nun weißt Du wer ich bin! Du
weißt, was das für Dich bedeutet?“ Ich begann zu stammeln : „Verzeiht, Gnade, großer Yf ra-A...“
Die Gestalt ballte eine Faust und zischte: „Sprich diesen Namen nie mehr aus! Niemals mehr! Hörst Du?“
Ich nickte hastig. Dabei kroch ich ein paar Meter zurück. Erst jetzt sah ich das Amulett, das um seinen Hals hing. Ein sechszackiger Stern, an dessen Spitzen jeweils ein Juwel saß. Sie waren rot, grün, blau, weiß, gelb und schwarz. Die legendären Eisjuwelen.
Er sprach jetzt wieder: „Verschwinde von hier. Renn um Dein Leben. Ich habe jetzt etwas anderes zu tun. Heute wird jemand büßen, wie es die Welt noch nicht gekannt hat. Geh jetzt.“
Neue Kräfte durchströmten mehr Glieder um ich begann zu rennen. Hinter mir hörte ich Entsetzens- und Todesschreie. Aber ich wagte nicht mich umzudrehen. Ich rannte nur der Sonne entgegen. Immer
wieder hörte ich ein tiefes Donnern und Blitzen. Mehrmals stürzte ich und fiel auf das Eis. Aber wie
von Furien getrieben hetzte ich weiter, bis ich das Meer erreichte. Ich weiß nicht wieviel Zeit vergangen war, als ich erschöpft an der Küste in tiefe Bewußtlosigkeit fiel.
Ich wurde von Rufen geweckt. „Meine Kameraden brauchen Hilfe!“ war mein erster Gedanke. Ich schlug die Augen auf. Die Eisplatte, auf der ich gelegen war hatte sich losgerissen und trieb auf das
offene Meer zu. An der Küste sah ich ein Dutzend Männer stehen, die wie verrückt winkten und mir zuriefen. Als genauer hinsah, erkannte ich, daß es zu spät war. Sie alle trugen tödliche Wunden. Oh, ihr
Götter, niemand konnte Ihnen mehr helfen.
Erst jetzt bemerkte ich, daß meine Freunde, die Delphine, zurückgekehrt waren und die Eisplatte schoben. Etwas klatschte gegen meinen Hinterkopf. Es war ein zappelnder Fisch. Und ich sah auch
woher er gekommen war. Mein kleiner Freund streckte den Kopf aus dem Wasser und rief mir etwas zu. Ich konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Von da an wußte ich, daß ich nicht verhungern würde,
auf meiner Reise in wärmere Gefilde. Tatsächlich erreichte ich eine Küste noch bevor die Eisplatte völlig dahingeschmolzen war.
Der Rest ist schnell erzählt. Heute lebe ich auf einer kleinen Insel im Meer. Und noch oft denke ich zurück an meine letzte Reise. Was geblieben war, waren meine Freunde die Delphine. Hin und wieder fährt ein Schiff vorbei in Richtung des Eismeeres. Dann schicke ich einen Delphin hinterher, um die
Seefahrer zu warnen. Aber nur in den seltensten Fällen werden die Warnungen verstanden.
Im Eis hört niemand die lautlosen Schreie der tausend Seelen, die dort schon ihr Ende gefunden haben. Nur Ruhe und Stille - kein Friede.
gez.: Eloth (letzter Überlebender der Ghrimad)
Glaubensfragen
(Quelle: Ygora - Orkländer)
"Geh! Komm nie zurück." Der Älteste beugte sich vor und sah scharf auf Harmud: "Borgon unser Gott. Stark. Geh! Du
lachst über ihn. Er verzeiht uns. Du geh! Sonst ist er gegen uns." Wie im Traum erlebte der junge Ork das Urteil. "Wenn Du stark warst und tapfer, sehen wir Dich an. Geh, Feigling!"
Fort? Verstoßen aus dem Dorf, in dem er groß geworden war, aus dem Tal, in dem er jeden Stein, jeden Baum kannte? Sein eigener Vater verkündete das Urteil der Ältesten. Auch das Gesicht des Hüters des Schreins, der ihm lange und hart den Umgang mit Säbel, Dolch und Bogen gelehrt hatte, war zu einer Maske erstarrt.
Er blickte fragend auf. "Schweig!", donnerte sein Vater, "Geh! Sonne ein Fuß über Erde, Du hier, Du tot. Dein Körper - Schweinefraß."
Benommen stand er auf und schlich zu seiner Hütte, packte ein kleines Bündel, seinen Säbel, den Bogen und wanderte in Richtung der großen Straße. Nie wieder sollte er den Teich sehen, an den er in Sommernächten Schweine zur Tränke geführt hatte, nie wieder den Baum, in den er mit
seinem Kinderbogen die ersten Pfeile geschossen hatte. Allein, in Schande vertrieben.
Er hatte mit einigen Jüngeren am Dorftempel getrunken und Lieder gesungen, Lieder des Orkon.
Stark und groß fühlte er sich vor ihnen, berauscht und als einziger Besitzer eines echten Krummsäbels aus Stahl. Dieser Gott, Borgon, der glaubt, er alles. Gott! Wer war er, konnte man ihn sehen? Orkon war mächtig! Der Glaube an ihn war Mode unter jungen Leuten, ein Dämon, der Macht verhieß,
gefangen von Knechten des Lichts, der auf seine Befreiung durch Kämpfe, Opfer und Leid wartete. Kampf! Das war es, was Harmud suchte, Kampf gegen die Herrschaft der Menschen, die
Geldverleiher, die Händler, gegen Zwerge und Elfen. Kampf für die alte Herrschaft des Gronk Ak Honka! Was waren das für Orks, die den Dorfplatz nach dem größten Häuptling aller Orks
benannten und einen Menschen als König anerkannten? Feiglinge! So hatte er getrunken und gegrölt, nicht zum ersten Mal und nicht zum ersten Mal am Heiligtum des Borgon. Die jüngeren hatten ihm gelauscht, seine Größe und Kraft bewundert. Er hatte das
Heiligtum verlacht und bepisst. Aber alle hatten ihn verlassen, als ein Alter kam, wohl erwacht von dem Lärm, ihn packte und schrie: "Kämpf für Deinen Orkon!"
Er stand schwankend. den Krummsäbel gezuckt, zu betrunken, um sich zu wehren, zu unsicher, für seine Prahlereien zu einzustehen. Der Alte hatte ihm mit einem Hieb den Säbel aus der Klaue
geschlagen und ihn mit einer gewaltigen Maulschelle zu Boden gestreckt.
Nun wanderte er seit Tagen die Landstraße Richtung Nao N'Thalaxon, den Säbel im Gurt und
den Bogen über der Schulter, ein einsamer Krieger auf Wanderschaft. Meistens brach er, wie es Sitte der Orks ist, in der Abenddämmerung auf und marschierte nachts. Tagsüber schlief er,
verborgen unter Büschen abseits der Straße, manchmal fand er eine kleine Höhle. Sein Geld reichte nicht für eine Herberge und er war froh, daß er sich etwas zu essen zu kaufen konnte. Aber
wo immer er nach einer Bleibe suchte, wurde er abgewiesen, keine der Herbergen suchte nach einem Knecht für die Pferde, es schien ihm, als würden ihn selbst die Orks meiden, die er
unterwegs traf. Nur manchmal half er bei einem Bauern aus, für einige Kupfermünzen und eine Mahlzeit karrte er Mist auf die Felder oder putzte den Stall aus. Als er den dritten Tag durch einen tiefen Wald marschierte, der kein Ende zu haben schien, zog er mit knurrendem Magen an einer Herberge vorbei, die im Schatten der mächtigen Bäume am
Wegrande lag! Aus den erleuchteten Fenstern drang das Lachen der Zecher und übertönte das Rauschen der Bäume, es lies ihn Hunger und Einsamkeit doppelt spüren. Die Straße schlängelte sich einen kleinen Hügel hinauf und oben angekommen hörte er das Klirren von Waffen, Geschrei von Menschen und das Knurren von Orks. In der Senke unter ihm
kämpften in der Dämmerung einige Strolche gegen einen Fremden, der allein mit dem Rücken gegen zwei halbverwachsene Eichen stand, neben der Straße lag ein Pferd in den letzten
Zuckungen, ein Ork versuchte verzweifelt, darunter hervorzukriechen. Tücher und Ballen lagen über der Straße verstreut. Ungestüm drangen die vier Gesellen auf den Fremden ein und wild
schwang der Händler zwei Kurzschwerter, trieb sie tapfer zurück. Harmud rannte den Hügel hinunter. "He, Fremder. Zu Hilfe! Es soll dein Schaden nicht sein." Harmud zögerte, einem Menschen gegen Orks zu helfen war nicht Sache eines Orkkriegers. "3 Goldstücke, Fremder", brüllte der
Händler in seiner Not, "Zu Hilfe!" Die Schläge prasselten dicht auf ihn. eine klaffende Wunde zog sich plötzlich über seinen ledernen Wams, schwankend lehnte er sich an einen der Bäume in
seinem Rücken, gewiss, er focht gut, dieser Übermacht würde er nicht standhalten. Harmud stieß einen schrecklichen Schrei aus, zwei der Gesellen, ein Mensch und ein Ork, wandten sich um und er sprang zwischen sie. Ein schneller Hieb mit dem Säbel, der den
Menschen taumeln ließ, der Schlag des Orks prallte gegen den Dolch Harmuds, ein weiterer Hieb mit dem Säbel und der Ork starrte blöde auf den Stumpf seines Schwertarms, aus dem Blut
spritzte. Harmud drehte sich halb und wehrte das Schwert des Menschen ab, jagte ihm den Dolch bis zum Heft in den Bauch, gurgelnd brach der Strolch zusammen. Der verstümmelte Ork schlug
wild seine Zähne in Harmuds Schenkel, der schleuderte den Menschen von sich, schlug dem Krüppel den Schädel ab, drosch auf den zweiten Ork ein, der von dem Fremden abließ um seinen
Gesellen gegen den neuen Gegner zu helfen. Allein es war zu spät, wenige Atemzüge später brach er von einem mächtigen Hieb getroffen zusammen, Harmud spaltete seinen Schädel. Der Händler
kämpfte nun alleine gegen den letzten der Strauchdiebe, verlor eines seiner Schwerter, griff wie von Schmerzen gebeugt an sein Wams, ein Messer blitzte in seiner Hand und steckte, mit einer
flüssigen Bewegung geschleudert, in der Brust des Feindes. Der Händler, mittelgroß, das Gesicht verziert mit einem pfiffigen Bart, reckte sich, steckte sein Schwert zurück und wandte sich zu Harmud:
"Handur Dahur, mein Name. Bei Drakos, wo habt ihr kämpfen gelernt, bester Freund?" Harmud bückte sich verlegen, riß ein Stück von der Gewandung eines der Erschlagenen und wischte das Blut von seinem Säbel. Er sah sich scheu um und nannte leise seinen Namen. "Mein Lehrer war Hüter von Schrein von Borgon. Verschwinden von hier, schnell. Lasst uns
verschwinden, vielleicht warten noch mehr...". "Ach was, keine Furcht, zwei Kämpfer wie wir, wer soll uns besiegen, pah!" erwiderte Dahur großspurig, obwohl ihm der Schweiß von der Stirn rann und Blut aus seinem Wams sickerte. Mit
kalter Ruhe zog er sein Messer aus dem Leichnam des Diebes, säuberte es, barg es in der Tasche seines Wamses, griff nach dem zweitem Schwert, steckte auch dieses zurück und begann, die
Leichen der Räuber zu fleddern. Harmud stand zitternd neben ihm "Diese Schweine haben mir hier aufgelauert. Vielleicht sahen sie in der Herberge, daß ich Gold dabei habe. Sie tauchten dort hinter den Büschen auf und versperrten den Weg. Dann forderten sie
mein Gold. Aber sie hätten mich umgebracht. Ich versuchte sie niederzureiten. Leider trafen sie mein Pferd und so begann der kleine Streit. Ohne Euch wäre es der letzte Disput für mich gewesen
, Ihr seid rechtzeitig gekommen! Habt Dank, Harmud. Hier", er griff in eine der Satteltaschen des verendeten Rosses, "drei Goldstücke, aber ich schulde Euch mehr. Woher kommt Ihr und wohin
zieht es Euch?" Harmud umkrampfte das Gold, er wollte den unheiligen Ort so bald als möglich verlassen. Die Geister der Erschlagenen strichen sicher herum, um sich zu rächen. Selbst ihm, einem Ork, wurde
es unheimlich in der von frischem Blut dampfenden Luft, umgeben von schweigenden, riesigen Bäumen, durch die fahl der Mond leuchtete. Die Klugheit mahnte Harmud, zu schweigen, aber zu
lange hatte niemand mit ihm gesprochen, zu schwer lastete die Verbannung auf ihm, und so zögerte er. Der Händler untersuchte seine Wunde. eine recht tiefe Schramme, aber sie würde verheilen.
"Kommt, setzen wir uns, ein Feuerchen mag uns wärmen und etwas Essen wird Euch nicht schaden." Und während Dahur erst Feuer schlug und etwas Reisig darauf warf, plauderte er, umgeben von den Leichen, munter weiter, ungeachtet seiner Schramme, welche ihn doch ohne Zweifel schmerzte: "Na, erzählt schon, was einen jungen Krieger wie Euch in diese verlassene Gegend
zieht, allein und wie mir scheint, ohne Freunde." Da brach die Geschichte stockend aus Harmud heraus. Der Händler lauschte schweigend, entzündete ein Pfeifchen und meinte: "Nun, guter Freund, Menschen und Orks sind verschieden. Aber in Glaubensdingen, da versteht niemand Spaß.
Überlegt Euch gut, an wen Ihr glauben wollt", er wies mit seiner Pfeife auf einen der toten Orks, "dieser dort trägt das Amulett Orkons um den Hals. Ihr habt gerade einen echten Orkonanhänger
kennengelernt, Finsternis und Chaos." Harmud schwieg und fraß. Er wußte den Worten des Händlers nichts zu erwidern. Der fuhr ungerührt fort: "Seht Ihr, in jungen Jahren ist es leicht, Fehler zu machen, aber auch leicht, sie wieder abzulegen. In meinem Alter ist das schwieriger. In der Kneipe traf ich zwei der Strauchdiebe und handelte
ihnen einen Ring ab, hier." Dahur hielt einen kleinen Goldreif, mit einem funkelnden Stein besetzt in seiner Hand, dessen Anblick Harmud den Atem vorschlug. "Für nur 6 Goldstücke! Unter Brüdern ist er das dreifache wert! Hätte ich mein dummes Maul gehalten, hätten sie nicht gewußt, daß ich Gold habe. Die Gier, mein Freund, die Gier nach einem
guten Geschäft hat mich geblendet. Hätte ich auf einen Krug Wein verzichtet, hätten die beiden keine drei Orks zu Hilfe holen können. Ich habe mit einem Überfall gerechnet, mit zwei, vielleicht
auch drei oder vier Menschen. Pah, kein Problem, da reite ich drüber und hol's der Blitz, weg bin ich. Aber drei Orks!" Er schüttelte den Kopf, griff wieder in die Satteltasche des toten Pferdes und
brachte einen Weinschlauch zum Vorschein. Nun, dank Euch ist es ja gut ausgegangen. Trinkt!“ Harmud griff mit seiner blutvorschmierten Klaue nach dem Wein und trank gierig. "Ihr seid tatsächlich hungrig. Esst ruhig und trinkt. Was habt ihr nun vor?" Harmud wußte keine Antwort. "Lasst mich Euch einen Rat geben. Seht Euch um in der Welt und sammelt Erfahrung - Ihr könnt mit mir ziehen, vorerst bis Nao N’Thalaxon. Dann entscheidet Euch, wohin Ihr gehen wollt. Die Welt steht Euch offen."
"Mit Euch, einem Menschen?" "Na, schlimmer, mit einem Händler," grinste Dahur, "einem verschlagenen Händler. Ich weiß, wir gelten als Betrüger, als Leute, die von der Arbeit anderer leben. Aber das ist nicht so, der Beruf ist manchmal recht riskant, wie Ihr seht. An meiner Seite könnt Ihr in einem Jahr mehr lernen als in Eurem Dorf in zehn! Überlegt es Euch!"
Harmud dachte nach. Was hatte er noch zu verlieren, was zu gewinnen? ‘Bei Drakos’ hatte der Händler gemeint, er war also ein Anhänger dieses Gottes. Naja... Andererseits hatte er von den
Dingen des Glaubens recht gründlich genug, so daß dies nun nicht mehr so wichtig war. Dahurt bemerkte die Zweifel seines Retters und wußte, daß er ihn schon fast überredet hatte. "Legt Euch nicht auf einen Glauben fest, von dem Ihr nur wenig wißt. Ich fände es schade, einen Kämpfer wie Euch als Glaubensbruder von Strolchen zu sehen. Orkon vertritt das Chaos und das
Leid. Die Anhänger sind mutig, besonders wenn sie zu viert gegen Einen kämpfen. Schwarze Magie und Hinterhalte, darin sind sie stark. Aber seht Euch um beim Dämonentempel, er liegt
nur unweit von Nao N’Thalaxon. Bildet Euch selber ein Urteil!" "Ihr lasst mich mit Euch dorthin ziehen?" fragte Harmud mißtrauisch. "Ihr könnt mit mir ziehen und Eure eigenen Wege ziehen, wann immer ihr wollt," versprach Dahur und schmunzelte heimlich. "Kommt, brechen wir auf, aber den Platz wollen wir ordentlich verlassen."
In stillem Einverständnis warfen sie die Leichen hinter die Büsche, packten die Ballen notdürftig zusammen und wanderten los. So hatte Harmud der Ork einen Gefährten gefunden und Dahur
der Händler einen, der ihm tragen half.
Erntezeit in Kartan
Quelle: Kartan (Kiranamis)
Onkanus an Hisames ritt mit seiner Leibgarde über die nahezu abgeernteten Felder der Ebenen, die
nach Kiranamis führten. Hier und da winkten ein paar Bäuerinnen und Bauern, die noch mit der Ernte beschäftigt waren, den Ordensrittern zu. Im großen und ganzen waren jedoch nur noch die vielen
Vögel auf den Feldern zu sehen, die sich an liegengebliebenen Feldfrüchten gütlich taten. Seit einiger Zeit summte und dröhnte über den Köpfen der Reiter ein Mörderbienenschwarm ungeheuren
Ausmaßes. "Mehr als dreißigtausend Mörderbienen! Und doch haben sie nichts von den Riesenspinnen in den Kol-Wäldern gefunden. Naja, jetzt wird mit Verstand gearbeitet. Mein Dunkler Orden wird die
Kreaturen schon finden und sie ihrem gerechten Schicksal zuführen!". Diese und ähnliche Gedanken gingen dem Hochmeister durch den Kopf, als er die Hauptstadt betrat. Überall sah man die Dorfvorsteher und ihre Gehilfen, die ihre Steuern auf Ochsen-, Esel- und
Pferdekarren in die Hauptstadt brachten. Diese ganzen Feldfrüchte und Tiere wurden auf dem Markt von Kiranamis verkauft, und der Erlös wurde in die Schatzkammer gebracht. In den
Vierteln der Stadt wimmelte es von Geschäftigkeit, doch nicht nur dort. Auf den Stadtmauern waren Maurer und Steinmetze dabei, die Mauern zu verstärken und auszubessern. Vor der Stadt
übten etliche Hundertschaften des Dunklen Ordens den Reiter- und Verteidigungskampf, um in Übung zu bleiben. Wie immer herrschte in der Umgebung der Zitadelle größte Hektik. Mörderbienenschwärme aller Größen und Arten flogen hinein und heraus. Botenreiter kamen und gingen. Die Ankunft des
Hochmeisters ging im allgemeinen Trubel nahezu unter. Ohne weiteres wurde er zum König vorgelassen. Er befand sich in seinem Arbeitszimmer. "Onkanus, schön, daß du es geschafft hast, so schnell zu kommen. Ich nehme an, du kennst Sumk Nokumsa, meinen persönlichen Berater und sozusagen mein 'Gewissen'", mit diesen Worten
reichte Agon dem Hochmeister die Hand und stellte ihm einen unscheinbaren Mann vor. ‘Er stammt von Kalos! Die grün-bräunliche Haut, die so schuppig aussieht. Das kommt nur bei den
Menschen vor, die von der Insel stammen, die auch als 'Orkons letzte Bastion' im Volksmund bekannt ist’, sagte sich der Hochmeister und dachte auch an die fanatischen Ordenskämpfer, die
von dieser Insel stammten. Der geringste Verstoß gegen die Gebote Orkons wurden von ihnen mit dem Tod bestraft. Die menschliche Leibwache des Großkönigs bestand nur aus Ordensrittern von Kalos. Das Arbeitszimmer des Königs war dreißig Fuß lang und ebenso breit. An den Wänden waren Schränke und Tische, auf denen sich Bücher und Pergamente türmten. Landkarten hingen an der
Wand und lagen auf Tischen und am Boden verstreut. Kuriositäten hingen von der Decke oder standen ausgestopft an der Wand. In der Mitte des Raumes stand ein gewaltiger Tisch, hier
nahmen die drei Platz. Auf dem Tisch lag eine Karte, auf der Kartan, Usam, Kalos, Sumatos, Aurinia, Atlantis und Surikan eingezeichnet waren. Ebenso die Truppenkonzentrationen konnte
man erkennen. "Surikan - die Ygorer nannten die Insel 'die neuen Länder'! Dieser ketzerische Ator hatte wohl die Insel zur selben Zeit entdeckt wie unser Admiral. Daß man zwangsläufig
aufeinander traf, war nicht zu vermeiden. Auch daß diese ygorischen Versager sich den fettesten Teil der Insel geschnappt hatten. Aber der Hochverrat an Orkon! Das war zuviel". Daran mußte
Onkanus denken, als er sich Wein in einen Holzbecher goß und vom kalten Braten und vom Brot nahm. Währenddessen erläuterte Agon die Lage, in der sich das Reich befand. "Vor kurzem ist einer unserer Flottenverbände an der ygorischen Küste auf eine der Flotten Ygoras gestoßen." Bei diesen Worten Agons leuchteten die Augen des Kalosiers. "Wir haben mehr als
zwanzig ihrer morschen Kähne zu Xnum geschickt.". "Hoffen wir, daß sie einen qualvollen Tod hatten, damit sie zumindest im Tod Orkon gedient haben." Dieser Einwand kam von Sumk
Nokumsa. Agon wollte gerade weitersprechen, als sich die Vorhänge am Fenster leise bewegten. Die Luft flimmerte leicht, und dieses Flimmern bewegte sich auf den Großkönig zu und kam
schließlich an seiner Seite zum Stillstand. Ein Wispern erfüllte den Raum. "Sein 'Vertrauter' und Bote!", schoß es Onkanus durchs Gehirn. Zornesröte färbte das Gesicht Agons. So, wie der
Flimmer gekommen war, ging er auch wieder. Blitzschnell. "Ator, dieser Verräter an der Finsternis hatte eine Zusammenkunft mit seinem Führungsstab. Es spricht für diesen dekadenten Emporkömmling, daß er eine Orgie damit verbunden hat. Sie wollen
wirklich den Krieg. Man spricht davon, daß wir diesen Konflikt von langer Hand vorbereitet hätten. Wir... " "Dafür hat er den Tod in der Arena bei den Arachniten verdient! "
Diese Äußerung Nokumsas jagte Onkanus einen Schauer über den Rücken. Nicht nur, daß der Kalosier den wütenden König in seiner Rede unterbrochen hatte, nein, die Arachniten hatte niemand verdient. "Nicht einmal dieser fette Verräter", sagte sich Onkanus. Der Großkönig ging
aber nicht auf die Unterbrechung ein. "Wir sollen in zwei bis drei Jahren niedergerungen worden sein" Wieder wurde Agon vom Kalosier unterbrochen. Diesesmal jedoch durch schallendes Gelächter.
"Sie haben sogar erwogen, diesen ominösen Rauch, der uns etliche Mörderbienen gekostet hat, an Lichtreiche zu verkaufen. Eure Meinung?", Agon blickte die beiden an.
Es war Onkanus der als erster sprach: "Daran wird Zardos interessiert sein! Bis jetzt war der Konflikt auf Ygora und Kartan beschränkt. Mit Zardos kommt eine neue Größe ins Spiel. Wir
sollten Itokosenso Najimi davon berichten." Nokumsa blickte den König mit fanatischen Augen an: "Laßt uns die übergelaufenen Truppen Ygoras opfern. Alle! Alle Orks und Menschen. Hier auf Kartan. Im neuen Tempel. Sie sollen für
diesen neuen Verrat ihres Herrschers büßen!" Die Stimme überschlug sich fast bei diesem Vorschlag. "Nein! Die Soldaten haben meinem Wort vertraut. Ihnen wird kein Haar gekrümmt.", die Wort Agons peitschten durch den Raum. Nokumsa ließ enttäuscht die Schultern sinken. "Aber Ator
wird dafür büßen. Und vorher alle seine Truppen, die sich nicht ergeben. Die Flotten sind bereit, die Mörderbienenschwärme an Bord zu nehmen. Auch mit Stormwhip hat es bisher keine
Probleme gegeben.". Jetzt sah Onkanus seine Gelegenheit gekommen, "Herr, gib mir die Erlaubnis mit meinem Dunklen Orden als Erste den Boden Scyrenias zu betreten. Darauf hat der Orden schon immer
gewartet. Wir sind dann die Missionare, die Ator gefordert hat!" "Ja!", kreischte Nokumsa, "der Orden! Dann ist es an der Zeit, Orkon aus seinem Verließ zu befreien!"
Agon blickte Onkanus an und sagte mit bedächtigen Worten, "Sobald die erste Bresche im Wall Ygoras ist, wird der Dunkle Orden seinen Siegeszug in Ygora beginnen. Doch jetzt zu etwas
anderem. Was ist mit diesen Spinnen? In Kartan wird nicht ungestraft geplündert!". Nokumsa blickte den König etwas enttäuscht an: "Der Mörderbienenschwarm hat ihre Spur in den Kol
-Wäldem verloren! Sie erhielten den Befehl, umzukehren!" "Meine Ordensreiter haben die Suche bereits aufgenommen. Wenn sie sich noch in kartanischem Reichsgebiet aufhalten, bringen wir ihre Überreste nach Kiranamis!" entgegnete Onkanus.
"Gut, damit ist dieses Problem fürs erste erledigt! Wenden wir uns also wieder unserem liebenswerten Freund Ator zu. Wann können erste Truppen auf Scyrenia landen? Onkanus, was
meinst du dazu...?
Eine Legende
(Quelle: Amajn)
Und sie begannen zu wandern. Manche zogen in die Ebenen im Zentrum des Landes, andere blieben in
den Hochlanden, wieder andere lebten fortan in den Wäldern und ein paar verschwanden auch völlig. Von letzteren hörte man auch später nie wieder etwas. Es war die Zeit der Wanderung und der
Heimatsuche. Aber leider auch die Zeit des Vergessens und des Rückschritts. Aus jener Zeit erreichen uns Geschichten über Stammesführer, die selbst zu Legenden wurden, als
sie ihren Stamm in neue, an Nahrung reiche, Gebiete führten. Jene Helden sind bis heute unvergessen.......
Es wird von einem Stammesführer, der den Namen Unas - der starke Arm - trug, erzählt. Er soll
sein Volk tagelang auf der Suche nach einer neuen Heimat ohne Nahrung und Wasser durch die Hochlande geführt haben. Die Sonne hatte den Boden ausgetrocknet. Hier wuchs und lebte alles
nur sehr karg. Die wenigen Wurzeln, die hier ausgegraben werden konnten und verzehrbar waren, reichten nicht aus, um den Stamm überleben zu lassen. Die Lage wurde von Tag zu Tag
verzweifelter. Die Vorräte waren fast aufgebraucht und die Jäger kamen immer seltener mit Beute zurück. Tagelang hatten sich am Himmel keine Regenwolken gezeigt. Doch Unas gab nicht auf. Er führte sein Volk weiter an den Schluchten entlang, die das Hochland durchzogen.
Es geschah an einem Abend, als die Sonne blutrot unterging und er in den Sonnenuntergang starrte. Er stand am Rande einer der Schluchten. Unter ihm klaffte die scheinbar bodenlose Tiefe,
in die sich niemand hinab wagte, weil dort die bösen Geister und Dämonen leben sollten. Während er so da stand und über das Schicksal, das die Götter ihm und seinem Stamm aufgebürdet hatten, nachdachte, hörte er einen krächzenden Schrei. Das heißt, es war kein Schrei,
sondern eher ein Ruf, der von einem großen Vogel stammen mußte. Er folgte diesem Ruf einige Meter, bis er vor einem vom Sonnenuntergang geröteten Felsen stand. Das Krächzen kam von
genau dahinter. Unas griff seinen Kampfspeer mit der Steinspitze fester und ging um der Felsen herum. Dahinter sah er einen Adler mit einem gebrochenen Flügel, der halb verhungert sein mußte.
In den Augen des Tieres lag Furcht. Und dann sah Unas auch den Grund : Von der Schlucht her kroch eine große Niaga, eine große Echse ohne Beine, die sich immer nur am Boden bewegen kann, auf ihn zu.
Die Sage sagt, daß die Niaga einmal die Götter erzürnt hatten und zur Strafe waren ihnen die Beine genommen worden, auf daß alle Welt auf sie mit Abscheu herabblicke und vor ihrem
Aussehen Widerwillen habe. In ihrer Verbitterung über ihr Schicksal wurden sie böse und neidisch auf die Wesen, die gehen konnten und nicht immer den Kopf im Staub haben mußten. Seitdem
kriechen sie über das trockene Land und jagen hinterlistig in Tarnung liegend nach Beute. Es gibt sehr viele Niagas hier in den Hochlanden wo der Staub und Sand ihren ekelhaften Körpern eine
wunderbare Tarnung bietet. Jedem Stammeskind wird die Gefahr der Niaga - Volk der Bestraften - beigebracht, denn ihr Blick ist lähmend und ihr Biß giftig. Und diese Niaga war ein besonders großes Exemplar. Gar herzzerreißend krächzte der Adler um Hilfe. Eigentlich wäre Unas geflüchtet, aber dann sah er den Adler an und konnte nicht anders
als Mitleid empfinden. Er stellte sich diesem Untier mit dem Speer entgegen. Die Niaga erkannte den Gegner und spannte den Körper zum Angriff. Ihr Kopf mit dem weitaufgerissenen Maul und den von Geifer
und Gift blitzenden Zähnen schoß auf ihn zu. Unas sprang zurück und entkam so um Haaresbreite dem Tod. Aber er stolperte und fiel auf den Rücken wobei ihm der Speer aus der
Hand fiel. Die Niaga bereitete sich zum zweiten Angriff. Unas kam wieder auf die Knie in dem Moment, als das Untier ein 2. Mal auf ihn zuschnellte. Schützend hob Unas seine Arme vor sich
und bekam die Niaga zu fassen. Auge in Auge starrten sie sich an, ihre Köpfe höchstens 3 fingerbreit voneinander entfernt. Und Unas spürte nicht einmal wie sich der Körper der Niaga
langsam um ihn wand, so fasziniert war er von den Augen, in die er starrte. Er tauchte in sie ein, wie in zwei klare Seen. Immer tiefer und tiefer. Unas war unfähig sich zu bewegen..... Dann, als es schien, als wäre Unas verloren, gab die Niaga ein Schrei des Schmerzes von sich. Der Adler war mit letzter Kraft zu der Niaga gehumpelt und auf ihren Rücken geklettert. Mit der
Kraft der Verzweiflung hatte er seine Krallen und seinen Schnabel in die Haut des Ungetüms gebohrt. Unter ihren Schmerzen verlor die Niaga kurzzeitig den Blick zu Unas´ Augen. Wie aus einem Alptraum erwachte er und erkannte die unmittelbare, tödliche Gefahr. Jetzt besaß er aber wieder seinen Willen und seine Kraft. Seine Hände griffen den Hals der Niaga und er riß
sie von sich. Die Niaga wand sich unter seinem unbarmherzigen Griff. Der Adler fiel von ihr herunter und blieb nach Luft hechelnd im länger werdenden Schatten des Felsens liegen. Hoch
über seinen Kopf hielt Unas die Niaga. Er spannte seine Muskeln und man hörte ein fürchterliches Knacken, als die Knochen des Untiers brachen. Mit weitem Schwung warf Unas,
der starke Arm, die Niaga in die Schlucht, so weit von sich wie er nur konnte. Grotesk drehte sich der lange Körper der toten Niaga, bis er schließlich in der Finsternis der Schlucht für immer
verschwand. Unas sah ihr einen Moment nach und erinnerte sich dann an seinen kleinen Lebensretter......zum ersten Mal konnte er sich den Adler genauer ansehen : Sein Gefieder war zwar von rotbraunem Sand und Staub verklebt und wenig ansehnlich, aber das Schneeweiß seines Kopfes war trotzdem erkennbar. Eine seiner Krallen war bei dem Kampf
abgebrochen, wodurch das Nagelbett leicht blutete. Der herabhängende Flügel hatte sich noch weiter verdreht. Und doch strahlte der Adler immernoch einen Hauch der Würde aus, die seiner Art eigen war.
Unas kniete sich zu dem Adler hinab, nahm ihn so zart wie er konnte in seine Hände und hob ihn hoch. "Mein kleiner Lebensretter ! Wie kann ich Dir nur danken ? Ich werde Dich mitnehmen und
gesundpflegen. Du wirst sehen: in weniger als 3 Monden wirst Du wieder fliegen können." Der Adler legte den Kopf schief und sprach zu Unas : "Du hast MIR das Leben gerettet Unas ! Dein Leben hast Du für mich in Gefahr gebracht. Dein Herz ist wahrlich groß und edel. Führe Dein Volk nach Sonnenaufgang nach dem Flug des Adlers und Ihr werdet gerettet sein."
Mit diesen Worten veränderte sich der Adler. Sein Gefieder nahm einen goldbrauenen Glanz an, der Sand fiel von ihm ab und wie durch ein Wunder heilte sein Flügel von einem Augenblick zum
anderen. Dann erhob er sich in die Lüfte. "Werden wir uns wiedersehen, oh Herr der Lüfte und Winde ?" rief Unas und fiel dabei auf die Knie. "Noch bevor die Sonne dreimal ihren höchsten Stand erreicht hat. Erwarte mich Unas, vom Stamm des Adlers." So sprach der Adler und verschwand in der Dunkelheit. Unas blickte ihm nach. Das einzige, was ihn davon überzeugte, nicht geträumt zu haben war eine goldbraune Feder die von Himmel herab
genau in seinen Schoß fiel. Es war keine alte Feder, wie ein Adler sie verliert, wenn sich sein Gefieder erneuert. Nein! Es war eine Feder, so edel und schön, wie nur einer der prächtigsten
Adler mit dem stolzesten aller Federkleider sie trägt. Ja ! Es war eine Gabe. Die Feder fühlte sich so weich und sanft an, wie die Wange einer wunderschönen Frau und doch so stark und machtvoll
! Vor Rührung rollte Unas eine einzelne Träne aus den Augen. Um die Feder immer bei sich zu tragen, band er sie sich mit einem Lederriemen um seinen rechten Oberarm. So kehrte er zu seinem Stamm zurück. Er befahl die Nacht zu ruhen und mit den erstem Morgenlicht aufzubrechen. Und so geschah es. Kaum war sein Stamm unter seiner Führung wieder aufgebrochen, als am Himmel schon ein Adler kreiste. Die mächtigen Schwingen ausgebreitet, für den majestätischen Gleitflug, wie er nur von
solch edlen Vögeln beherrscht wird. Unas folgte dem Adler, immer an der Schlucht entlang, bis der Adler schließlich auf einem Felsen in einiger Entfernung landete und sein Gefieder zu putzen begann. Als Unas´ Stamm auf 50
Schritt heran gekommen war, schwang sich der Adler wieder in die Lüfte und stieß hinab in die Schlucht, woraus er wenige Augenblicke später wieder auftauchte und über dieser Stelle zu kreisen
begann. Unas und 3 Krieger untersuchten den Felsen und fanden einen schmalen abschüßigen Pfad, der genau hinab in die Schlucht führte. In die Gebiete wo Dämonen herrschen? Und dennoch wies der Adler diesen Weg? Unas brauchte lange, um sich zu entscheiden, aber der Wille des Adlers war eindeutig. Und noch länger brauchte
er, um seinen Stamm zu überzeugen, diesen Weg einzuschlagen. Schließlich wagten sie das Unbekannte. Verhungern und verdursten oder das Unbekannte - die Entscheidung fiel zwar nicht
leicht, aber Unas Überzeugung und Entschlossenheit gaben den Ausschlag. Der Weg war zwar steil, aber doch sicher. Sein Stamm begann mit dem Abstieg. Mehr und mehr Adler erschienen am Himmel. Große Adler, größer als alle von denen jemals berichtet wurde. Und
sie schienen über Unas´ Stamm zu wachen ! Hin und wieder stieß einer dieser Riesenadler hinab in die Schlucht und kam mit dem erschlafften Körper einer Niaga in den blitzenden Klauen wieder hoch.
Es war tatsächlich so, daß die scharfen Augen der Adler über den Weg von Unas´ Stamm wachten. Der Adlergott hatte seine großen, legendären Kampfadler geschickt.
Auch sein Stamm fing an zu verstehen, daß die Adler sie leiteten und beschützten. So faßten auch alle anderen von Unas´ Stamm Vertrauen. Als sie den Boden der Schlucht erreichten, sahen sie nicht von Dämonen verseuchtes Land sondern:
Die Sonne stand jetzt hoch am Himmel. Die Wärme und das Licht ihrer Strahlen, fanden ihren
Weg herunter. Die gesamte Schlucht war mit Gras, Büschen und Bäumen bedeckt, die zwar nicht so groß waren, wie in den alten Ebenen, aber dafür so grün, wie nie zuvor. Verstreut fielen
Wasserfälle aus den Wänden der Schlucht in die Tiefe und bildeten kleine Seen und Tümpel, aus denen kleine Wasserläufe sich irgendwo verliefen. Das Licht blitzte in diesem Naturereignis, das
niemand von Unas´ Stamm jemals gesehen hatte. Sogleich stieß ein Adler herab in die Fluten eines dieser Seen und hielt sogleich einen Großen Fisch in den Fängen, ein anderer Adler strich
über eine Ansammlung von Bäumen, worauf sich ein Schwarm verschreckter Vögel in die Lüfte hob und verärgert zu schimpfen begann. Es klang wie Musik in den Ohren des Stammes. Der größte Adler, mit dem goldbraunen Gefieder, aber landete auf einem einzelnen Felsen vor einer großen Ansammlung von Höhlen. Das Licht erfaßte den Adler jetzt voll und ließ ihn einen
Augenblick lang wie aus Gold erscheinen. Unas verstand das Zeichen. Hier würden sie sich niederlassen! Ja genau hier und nirgendwo anders ! Als Unas seinen Entschluß bekannt gab, vermischte sich der Jubel seines Stammes mit etwas anderem. Dem Ruf von hundert Adlern. Erst dann richtete sich der Blick aller auf die andere Seite
der Schlucht. In der Wand waren Dutzende von Felsnischen. Und in fast jeder befand sich der Horst eines Adlerpaares, die jetzt zu ihren neuen Gefährten hinab sahen. Nie mehr würde Unas´
Stamm oder die Adler allein sein, hier im Tal der Adler ........................... so berichtet die Legende.
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