MYRA
 Geschichten

Geschichten aus Squärdrumen

Der Marsch
Die Schlange
Das Ende des Uiam-Stammes
Das Erbe der Alchemisten
Die andere Seite
Geistreiches aus dem Dämonensumpf
Wolfsmond
Die Erben des Kometen
 

 Der Marsch

In einem dunklen Gewölbe tief unter Squärdalon öffnete sich eine kleine Tür. Herein trat eine in schwarze Kutten gehüllte, gebeugte Gestalt. Unter der Kapuze stach eine spitze Schnauze hervor, die einige lange feine Barthaare trug. Sorgfältig schnüffelt und lauschte sie, erst als alles in Ordnung zu sein schien, stieß die Gestalt einen schrillen Pfiff aus und weitere Gestalten strömten in den Raum. Eine von ihren legte ihre Kutte ab unter der eine rattenartige weiße Gestalt zum Vorschein kam und legte eine reichhaltig mit magischen Symbolen versehene Roben an. Die weiße Ratte gab ein paar Kommandos, woraufhin die anderen in hektische Aktivitäten ausbrachen. Mehrere Feuer wurden entzündet und Wasserkessel darüber aufgestellt, danach verschwanden die Kuttenträger in dunklen Ecken und die weiße Ratte trat hervor. Unter quietschenden Gesängen wurden zahlreiche Pflanzen gehackt und gleichmäßig auf die verschiedene Kessel verteilt. Als alles gründlich durchgekocht war, nahm der Hexer eine besondere Wurzel aus eineverschlossen Truhe und zerrieb sie in einen ehernen Gefäß. Dann hielt er nachdenklich inne und winkte schließlich einen der Kuttenträger herbei. Er packte diesen im Nacken, hielt ihn über den Tiegel, schnitt ihm kurzerhand die Kehle durch und ließ das Blut in den Tiegel laufen. Als das Opfer ausgeblutet war, warf er ihn achtlos zur Seite und stimmte einen neuen schaurigen Gesang an, während dem er das Blutgemisch auf die Kessel verteilte. Zuletzt zog der Hexer seine Roben aus und tanzte singend mehrere Minuten um die kochenden Kessel, wonach er erschöpft zusammenbrach. Seine Helfer kamen aus der Dunkelheit und brachten ihn zu einem Lager, wo sie ihn liebevoll zur Ruhe betteten.

 Kirlesh wachte auf und gähnte erstmal ausgiebig. Tief sog er Luft und versicherte sich so, daß keine Fremden im Raum sind und es den noch schlafenden Stammesmitgliedern gut geht. Vorsichtig schob er ein paar Brüder und Schwestern beiseite und begab sich in die Haupthalle des Stammes, wo er sich anzog und bewaffnete. Gründlich wusch er sein Fell und erneuerte mit roter Farbe sorgfältig das Stammessymbol auf seiner linken Schulter, anschließend knabberte er an seinem Frühstück.

 

 Langsam trafen auch seine Brüder und Vettern ein und bereiteten sich vor, während Kirlesh ungeduldig wartete. Endlich war es so weit und die Rotte verließ die sicheren Stammeshöhlen und schlich vorsichtig durch die Höhlen Squärdalons bis zur Außenebene. Glücklicherweise trafen sie dabei auf keinen verfeindeten Stamm, denn obwohl Daehsquinn Stammeskriege verboten hatte, kam es immer wieder zu kleineren Scharmützeln. In der Außenebene hatten sich schon zahlreich Rotten anderer Squärkin-Stämme eingefunden. Gut fünftausend Krieger sowie einige Squinns waren da und warteten auf den Beginn des Marsches in die Trockenländer. Daehsquinn hatte sie gerufen und natürlich wollte kein Stamm zurückstehen in der Eroberung neuen Raumes und der Vernichtung der Haarlosen, denn beides bedeutete Macht und Einfluß für jeden beteiligten Stamm. Das Gemurmel ließ nach und machte gespannter Erwartung Platz, denn Daehsquinn war auf die Galerie getreten. Sein weißes Fell glänzte im düsteren Licht der wenigen Fackeln, seine Haltung zgt von Selbstbewußtsein und absoluter Macht. Doch er wirkte recht müde, seine Bewegungen waren etwas langsam und ruckartig. Vielleicht stimmten die Gerüchte, daß der Patriarch die vergangenen Tage in seinen Laboren gewacht hatte und eine Hexerei wirkte, die heute zur Anwendung kommen sollte. Ein Tor öffnete sich und hindurch kamen einige Sklaven, was zu lauten Unmutsäußerungen führte, auch ich protestierte lauthals. Die gehörten nun wirklich nicht auf eine Kriegsversammlung, die sollen in den Höhlen bleiben wo sie hingehören. Die Sklaven gehörten offenbar dem Squinn-Stamm, sie trugen sein Zeichen, und schleppten riesige Kessel herein. Daehsquinn brachte uns mit einer Geste zur Ruhe und begann zu sprechen. Er sprach von den umliegenden Ländern, von denen die Späher berichtet hatten, erzählte, daß sie unter keinerlei Herrschaft zu stehen scheinen und nur darauf warten, daß die Squärkin sie sich untertan machten. Daehsquinn versprach Kampf und Sklaven so viel das Herz begehrt und als er die Vernichtung der Lichinge andeutete kannte der Jubel keine Grenzen mehr. Dann forderte er uns auf alle einen Becher aus den Kesseln zu treten, die ein magisch aufgearbeiteten Sud der seltenen Quwigga-Pflanze enthält, der in dem bevorstehenden Marsch zu den Trockenländern sehr hilfreich sein soll. Stamm für Stamm stellten wir uns an die Kessel und tranken, nur wenige mißtrauten noch den Künsten des Squinn-Stammes und selbst diese trauten sich nicht zurückzustehen. Als alle ihren Teil erhalten hatten, wurde das Haupttor geöffnet und wir zogen rottenweise aus Squärdalon Richtung Süden. Unsere Kriegsführer waren Gersch, vom Grig-Stamm und Swaqu von den Hras. Sie trieben uns gewaltig an, doch selbst nach einigen Stunden spürte ich keinerlei Müdigkeit. Die kam erst gegen Morgen auf, doch meine Beine trugen mich noch immer weiter bis die Sonne das letzte Zwielicht verdrängte und Gersch das Signal zum Eingraben gab. Doch nur kurze Zeit der Ruhe war uns vergönnt, denn beim geringsten Anzeichen für die nahe Dämmerung trieben unsere Führer uns aus den Löchern. Auch die nächsten Nächte vergingen so, ohne Pausen liefen wir durch den Sumpf. Trotzdem trugen mich meine Beine immer weiter, obwohl mein Körper immer wenig Gefühl aufwies und ich die kurzen Frühlingstage wie ein Stein verbrachte. Immer weiter liefen wir bis die Trockenländer erreicht wurden, soweit wie nie zuvor ein Squärkin gewesen war, jedenfalls nicht in den letzten vierhundert Jahren.

 

 Die Schlange

Gestern kam Skern ins Dorf gestürmt und berichtete von einer Riesenschlange, die sich in der Nähe herumtrieb. Diese Kinder der Großen Schlange kommen nur noch selten bis zu den Dörfern, zu viele hatten hier schon ihr Leben lassen müssen. Zu groß ist die Gefahr für uns, daher jagen und töten wir sie, sobald sie auftauchen.
 Mit vierzehn Jägern brachen wir auf und erreichten bald die Stelle an der Skern die Schlange gesehen hatte. Die Spur, die das Tier hinterlassen hatte war nicht zu übersehen, niedergedrückte Büsche zeigten uns den Weg.
 Nach einer Stunde holten wir das Untier ein und bereiteten den Angriff vor. Die Schlange verspeiste gerade einen großen Affen und konnte sich daher vorübergehend nicht sehr wehren. Trotzdem gelang es ihr, Sleck niederzuwalzen als dieser über eine Wurzel stolperte. Bald hatten wir sie mit unseren Speeren so stark verwundet, daß sie schwächer und langsamer wurde. Skern sprang auf ihren Kopf und trieb ihr seine Axt durch das Auge ins Gehirn, die Schlange starb sofort.
 Wir nahmen der Schlange reichlich Haut und Fleisch ab und kehrten triumphierend in unser Dorf zurück. Am Abend feierten wir ein großes Fest und um die Große Schlange zu besänftigen, opferten wir Skern und aßen stellvertretend für sie sein rohes Fleisch.

 

 

Das Ende des Uiam-Stammes

Wie üblich beschränkte kalter düsterer Morgennebel die Sicht, selbst hier noch jenseits des Randes der Sümpfe, wo sich die Rotte meines Stammes vorsichtig einem Dorf der haarlosen Menschen näherte.

 Wir waren nie besonders zahlreich gewesen und unsere Macht hatte weiter abgenommen seit unser Patriarch den Herrn des Squinn-Stammes beleidigte, woraufhin uns dieser den Fruchtbarkeitszauber verweigerte. Doch nun wird sich dies ändern, denn heute holen wir uns zahlreiche neue Sklaven aus dem trockenen Land. Wir waren frohen Mutes und unsere Rotte stimmte einen schaurigen Kriegsgesang an.

 Unbemerkt erreichten wir das Dorf und der angemietete Squinn machte sich umgehend an die Arbeit. In einem Kessel rührte er einen furchtbar stinkende Brühe an, die der leichte Wind in Richtung Dorf trieb. Dort wurde der Nebel noch dichter und wir hörten das Keuchen der Menschen, als ihre schwächlichen Gedärme versagten. Als unser Rottenführer, der mein Wurfbruder war, das Signal gab stürmten unsere Krieger mit Keulen und Netzen bewaffnet aus der Deckung ins Dorf, die wenigen Wachen waren nicht in der Lage Widerstand zu leisten und wurden schnell eingefangen. Das Schicksal dieses Dorfes schien besiegelt und die Zukunft des Uiam-Stammes gesichert, doch dann geschah das unfaßbare. Hunderte von bewaffneten Haarlosen ritten auf diesen ekelhaften Pferden in das Dorf und fielen über uns her. Viele meiner Brüder fielen diesem Ansturm zum Opfer doch wir wehrten uns heftig. Aber ihre Zahl war zu groß und wir nicht auf eine richtige Schlacht vorbereitet, so starben immer mehr meiner Brüder und unsere Niederlage war absehen. "Bring den Squinn in Sicherheit!", rief der Rottenführer mir zu. Natürlich hatte er recht, denn der Verlust eines gemieteten Squinns konnte den Ruin eines ganzen Stammes bedeuten. Ich eilte zu der Stelle wo der Squinn seinen Kessel aufgestellt hatte, doch da war er nicht mehr. Verzweifelt machte ich mich auf die Suche, flehte dabei zur Großen Mutter, daß der Squinn sich rechtzeitig in den Sumpf gerettet hat. Plötzlich hörte ich hinter mir ein Geräusch, doch bevor ich mich umdrehen konnte, erhielt ich einen Stoß in den Rücken und eine eiserne Spitze bohrte sich durch meinen Körper. Als ich starb war meine letzte Hoffnung, daß der Squinn sich gerettet hatte und der Uiam-Stamm überleben würde ...
 In einem finsteren Keller in Squärdalon saß Daehsquinn über seine verbotenen Bücher gebeugt. Nach einem zaghaften Klopfen betrat ein Squinn die Halle und wartete bis ihm der Patriarch seine Aufmerksamkeit schenkte.

 

 "Oh Daehsquinn, ich bin zurückgekehrt. Der Angriff ist wie geplant verlaufen und die Haarlosen haben ihr Gold erhalten."

 "Sehr schön, Krel, dann befehle nun unseren Kriegern den Angriff. Die Sklaven werden wie geplant an die Tunnler verkauft und das Gold mit den Kriegern geteilt. Ich möchte, daß Name Uiam nie wieder in meiner Gegenwart genannt wird."

 

Das Erbe der Alchemisten

 In den tiefsten Gängen, tief unter der untersten von Squärkin bewohnten Ebene, herrscht ewige Dunkelheit und kein Geräusch stört die Stille dieser verlassenen Höhlen. Schon seit vielen Jahrhunderten war kein Squärkin mehr hier unten gewesen, doch in einer Nacht, im Jahre 405 nach der letzten großen Schlacht zwischen Licht und Finsternis, stieg ein kleiner Trupp verängstigter Squärkin hier herunter, wo Wörter wie Tag oder Nacht längst jegliche Bedeutung eingebüßt hatten.

 Sieben waren es, die da im unzureichenden Licht ihrer Fackeln sich langsam vorwärts bewegten und dabei immer wieder stehen blieben und ihre empfindlichen Nasen in die Luft streckten, um potentielle Gefahren frühzeitig zu erkennen. Ihr weiß geflecktes Fell identifizierte sie eindeutig als Squinn, auch wenn sie auf die bei Squinns üblichen Gewänder verzichtet und nur Tragegurte entsprechend der Tunnler-Austüstung trugen. Jemand der sich gut mit Squärkin auskennt, könnte diese Exemplare als jugendlich und vielleicht sogar auf Grund ihrer Ähnlichkeit als Wurfbrüder erkennen.

 "Seid ihr wirklich sicher, daß wir das richtige tun?", zischte einer von ihnen, den die anderen seit ihrer Geburt durch seinen Geruch als den fünftgeworfenen Bruder identifizieren können.

 "Willst du wirklich noch warten bis dir der Patriarch, unser Vater, in einigen Jahren einen Namen verleiht und einen mickrigen Zauber vererbt? Wir haben das doch oft genug besprochen und waren uns einig. Selbst wollten wir uns einen Namen verdienen und hier unten in den Höhlen der Alten ist unsere beste Chance ungeahnte Geheimnisse zu entdecken." Der Sprecher war der älteste Wurfbruder und damit auch ihr Anführer, obwohl er nur wenige Minuten länger lebte.

 "Aber auch ungeahnte Gefahren", murmelte der sechste des Wurfes, "hier unten sind schon viele Squinn verschwunden."

 "Ihr Feiglinge", mischte sich der jüngste der sieben flüsternd ein. "Erinnert euch an die alten Geschichten, die mächtigsten Alchemisten arbeiteten in den tiefsten Gängen. Hier unten wartet Macht auf uns, mehr Macht als je ein Squinn seit fünfzig Generationen besessen hat."

 Die anderen nickten leicht vor sich hin, jeder kurzzeitig in seiner eigenen Vision von Macht und Einfluß versunken. Auch wenn der Erstgeworfene ihr Anführer war und letztlich die Entscheidungen traf, hatte es doch der jüngste immer an besten verstanden den Wurf zusammen zu schweißen und für seine Ideen zu begeistern. Zweifelsfrei war er auch der klügste von ihnen und kannte am besten die alte Legenden.

 Langsam schlich der kleine Trupp weiter durch die dunklen Gänge. Regelmäßig wechselten sie die Führungsrolle, denn der erste in der Reihe mußte seine empfindlich Sinne voll auf die nächsten Gänge konzentrieren, was recht schnell zur Ermüdung führte. Gerade war der zweitgeworfene Wurfbruder vorne, da bedeutete er den anderen stehenzubleiben und ruhig zu sein.
 "Habt ihr das auch bemerkt?", fragte er leise.

 

 Doch die anderen schüttelten nur die Köpfe.

 "Was?", fragte einer von ihnen.

 "Ich bin nicht sicher, aber mir war so, als ob der Boden leicht vibrierte, aber nicht nur durch unsere Schritte, irgendwie anders als bisher."

 Vorsichtig machte er einen weiteren Schritt, da gab plötzlich der Boden unter ihm nach und er fiel mit einem Schrei in die Tiefe, bis nach wenigen Metern ein Dutzend Speere seinen Körper bremsten und sein Schrei und Leben in einem Gurgeln endeten.

 Die anderen waren geschockt, Nummer Fünf fing in Panik an zu quietschen und zu schreien, machte Anstalten den Weg nach oben zurück zu laufen. Doch der jüngste Wurfbruder packte ihn an den Tragegurte und warf ihn gegen die nächste Wand.

 "Wahre Macht, Bruder! Denke immer daran. Wir dürfen uns nicht aufhalten lassen, sonst wäre sein Tod vergeblich. Je größer das Risiko, desto größer der Gewinn. Wir müssen schon sehr tief sein, wenn hier solche Fallen sind, wir haben die Ebenen der alten Alchemisten fast erreicht."

 "Schon gut, es geht wieder, du kannst mich loslassen. Ich wünschte nur, die Alten hätten sich nicht nach hier unten zurückgezogen"

 "Du kennst doch die Legenden. Nur so konnten sie magischen Geheimnisse für unseren Stamm sichern. Es hat zahlreiche Generationen gedauert, bis die Weißlüge erfolgreich verbreitet wurde und die anderen Squärkin überzeugt waren, weiße Fellflecken seien eine Voraussetzung für magische Fähigkeiten. Wo wären wir Squinn denn, wenn heute auch Krieger, Händler und Arbeiter magische Geheimnisse hätten?"

 "Ja ja, ich weiß, inzwischen glauben selbst viele Squinns daran. In der Folgezeit entstand dann auch die Legende vom Kommen der Weißen Ratte, weshalb viele Squärkin ihre Squäline töten wenn sie zu viel weißes Fell haben, da sie ihre eigene Macht fürchten."

 "Richtig", mischte sich der Älteste ein, "hier unten gibt es alles was ein Squinn sich wünschen kann, vielmehr als diese billigen Spielereien, die oben üblich sind. Jetzt seid aber wieder ruhig, wir müssen weiter."

 Vorsichtig schlichen die Squinns weiter, immer weiter entfernten sie sich von den bewohnten Ebenen und schließlich erreichten sie eine Ebene mit Laboratorien der längst vergangenen Alchemisten. Die sechs Squärkin vom Squinn-Stamm warfen ihre Ausrüstung ab und verteilten sich in umgebenden Räume. Eifrig suchten sie im schwachen Licht der Fackeln nach Aufzeichnungen, Büchern oder andere Hinweise auf die magischen Künste ihrer Vorfahren.
 Lange suchten sie jeder für sich, ganz nach Squinn-Tradition in der Hoffnung auf einen Funde, der Vorteile auch über die Brüder brächte. Da ertönte aus einem der Laboratorien ein Ausruf der Überraschung und gleich darauf ein Schrei der Furcht, der sich sogleich in einen Schmerzensschrei wandelte, aber dann abrupt endete. Die Squinn verharrten in ihrer Suche und konzentrierten ihre empfindlichen Sinne. Wie konnten sie nur so unvorsichtig sein, hatte der Boden schon länger gebebt, wie von zentnerschweren Füßen? Schnell versammelten sie sich im Gang, doch der drittgeworfenen Bruder fehlte. Da brachen plötzlich Steine aus der Tür zu einem Laboratorium und eine riesige Gestalt brach durch die Öffnung. Entfernt ähnelte sie, soweit dies in dem aufgewühlten Staub zu erkennen war, einen Squärkin, doch war sie fünf Meter groß, mit Krallen wie Schwertern bewehrt und statt eines Felles weitgehend mit einem häßlichen Schuppenpanzer bedeckt. In beiden Klauen hielt das Wesen Überreste des vermißten Bruders und auch ausurchtbaren Maul hing ein Squärkinbein.
 "Wehe! Wehe!" jammerte der Älteste. "Ein Squärgant! Ein Squärgant ist gekommen!"
 Der vierte Wurfbruder starrte mit aufgerissenen Augen.

 

 "Der Alten Fluch", wimmerte er, ließ den Grimoire in seiner Hand fallen und bedeckte sein Gesicht.

 "Ein Squärgant", murmelte der Jüngste. Er schwankte und stützte sich schwer an die Wand. "Was für ein Unglück!"

 "Wir sind verloren!" rief der Fünfte, während der Squärgant behäbig näher stapfte. "Wir haben keinen Fluchtweg, das Monster versperrt unseren Weg zur Treppe."
 "Doch!" sprach der sechste Wurfbruder, Panik ließ seine Stimme brechen. "Dort hinten war ein schräger Schacht, gerade breit genug für uns, aber der Squärgant müßte sich den Weg durch massiven Fels bahnen."

 

 "Einverstanden, hin da", bestimmte der Erstgeworfene und lief seinem jüngeren Bruder nach und warf sich als erster in den Schacht, durch den er nach unten in unbekannte Tiefen rutschte. Die anderen Squinns folgten mehr oder weniger zögernd in das Loch und ließen den Squärganten zornig tobend zurück. Den Brüdern schien der Rutsch eine Ewigkeit zu dauernd, doch dann verloren sie an Geschwindigkeit, als der Schacht abflachte. Schließlich fielen sie auf ebenen Fußboden, alle auf einen Haufen, was einige zornige und schmerzerfüllte Quietscher zu Folge hatte.

 "Verdammt, die Fackeln sind alle aus", rief der älteste Bruder, "in absoluter Dunkelheit kann selbst ich nichts sehen."

 "Aber ich kann sehen", sagte der sechste Bruder erstaunt, "irgendwo muß hier Licht sein."

 "Da drüben ist es, da muß eine Tür sein, seid vorsichtig!" rief Nummer Fünf. Wie auf ein geheimes Zeichen hin, zogen die Squinns ihre kurzen Schwerter und näherten sich auf Zehenspitzen jener Ecke, wo unter einer Tür ein Hauch von Licht in die Kammer fällt. Als alle bereit waren öffnete ein Bruder mit einem Ruck die Tür. Dahinter lag ein Laboratorium, größer und älter als jeder der Squinns zu hoffen gewagt hatte. In der Mitte des Raumes war eine Grube aus der das Licht kam. Dort brannte seit hunderten von Jahren eine Flamme, gespeist aus den Gasen der Erde und des Sumpfes. Dort am Rand der Flammengrube lag ein altes Buch, die Squinns ließen sich nicht lange bitten und stürzten gleich darauf los. Die als fünftes und sechstes geworfenen Brüder erreichten das Buch als erstes und sofort entbrannte ein heftiger Streit darum, beide hielten das Buch fest mit den Händen umklammert und zogen kräftig daran.
 "Ich habe es als erster erreicht", rief der sechste Wurfbruder.

 

 "Aber ich sah es als erster", erwiderte der andere lautstark.

 "Das ist mein Schatz, ich will ihn als Geburtstagsgeschenk"

 "Wir haben am gleichen Tag Geburtstag und ich bin älter als Du!"

 Hin und her ging der Kampf, beide zerrten mit voller Kraft an dem Buch und beschimpften sich mit den niedersten aller bekannten Worte. Doch dann gewann der fünftgeworfene mit einem Ruck die Oberhand, der andere verlor den Halt und stürzte mit einem klagenden "Schaaaatz" über die Kante in die Grube. Sofort stand er in Flammen und seine Todesschreie erfüllten die Herzen der Brüder mit Grauen.

 "Es war ein Unfall, ein schrecklicher Unfall!" verteidigte sich andere Streiter, die Arme sichernd um die errungene Beute geschlungen. Doch in den Augen seiner Brüder, konnte er deutlich Ablehnung und Haß funkeln sehen. "Ein Unfall", wimmerte er.

 Doch schnell fingen sie sich wieder, zu aufregend waren die Funde, denn inzwischen hatten auch die anderen Brüder alte Bücher gefunden und studierten sie. Zahlreiche Geheimnisse offenbarten sich ihnen, bei einigen gelang sogar sogleich eine praktische Umsetzung mit den vorhandenen uralten Materialien und Geräten.

 Mehrere Tage verbrachten sie so in diesem und den umliegenden Laboratorien und in den kurzen Schlafperioden, die sie sich gönnten, träumte jeder von magischer Macht und einen eigenen wohlklingendenn Namen. Dann gingen jedoch die Vorräte zur Neige und zwang sie wieder aufzubrechen, zumal eine Rückkehr durch den Schacht nicht möglich war und statt dessen ein neuer Weg gefunden werden mußte. Ihre errungenen Wissensschätze verstauten sie in besonders sicheren und wasserdichten Lederbeuteln und befestigten sie an den inzwischen von sonstiger Last nahezu entblößten Tragegurten.

 

 Vorsichtig wie seit Beginn ihrer Reise suchten die vier verbliebenen Squinns einen Weg nach oben. Zunächst gab es keine Schwierigkeiten, doch einige Ebenen höher nahmen sie aus einem Seitengang kommend die bebenden Schritte des Squärganten wahr. Der Squärgant drohte ihnen den Weg an die Oberfläche zu versperren, verzweifelt beschleunigten die Squärkin ihre Schritte, in der Hoffnung dem Unhold an der Kreuzung zuvor zu kommen. Aber die Hoffnung trog, um wenige Sekunden wären sie zu spät gekommen, wenn nicht der älteste Wurfbruder den fünftgeworfenen gepackt und in Richtung des Squärganten geschleudert hätte.

 "Nimm dies als Strafe, Brudermörder!" rief er und verschaffte durch diese Aktion sich und den zwei übrigen Brüdern die nötige Zeit, denn der Squärgant packte den angstvoll quietschenden Bruder und zerriß ihn mit seinen mächtigen Armen und stopfte ihn sogleich zwischen seine gewaltigen Kiefer.
 Die drei Squinns liefen um ihr Leben, aber schon bald hörten sie die felserschütternden Schritte hinter sich langsam aber stetig näher kommen. "Wir sind verloren, er holt uns ein!" rief der jüngste Wurfbruder.

 

 "Vielleicht nicht, ich habe da eine Idee", keuchte der vierte des Wurfes zur Erwiderung. "Ich hatte gestern einen Zauber gefunden und auch schon ein wenig experimentiert. Ich fürchte nur, er wurde nicht für Squärganten gemacht, ich werde improvisieren müssen.

 "Versuche es, sonst schaffen wir es nicht", forderte der Erstgeworfene.
 "Ich brauche eine Fackel, gib mir schnell eine aus dem Vorrat und entzünde sie."
 Während der älteste Bruder die Fackel entflammte, suchte der Viertgeworfene in seinen Taschen und kramte schließlich einen kleinen Beutel heraus. Er nahm die Fackel entgegen und blieb plötzlich einfach stehen, auch seine beiden Brüder hielten in gebührendem Abstand und warteten. Aus den Beutel schüttete er ein Pulver in die Flamme, welche sich daraufhin grellgrün verfärbte. Sogleich intonierte er Worte in einer alten Sprache von großer magischer Kraft. Seine Gestalt straffte sich und schien zu wachsen, das Gesicht erstarrte in einer verzerrten Grimasse von extremer Konzentration. Dann ging er die Fackel schwenkend auf das näherkommende Ungeheuer zu, nicht ohne weiterhin die magischen Worte zu formulieren. Der Squärgant zögerte und blieb stehen, wollte sich schließlich sogar abwenden, doch dann ging ein Ruck durch seine Gestalt und er sprang auf den kleinen Squinn zu. Dieser versuchte noch mehr Kraft in seine Worte zu legen und stieß sie immer schneller hervor, doch seine Brüder konnten sehen, wie die Mag wich so wie die Konzentration schwand. Ohne länger zu warten rannten sie wieder los aber noch nicht allzu weit waren sie gekommen, da erscholl von hinten der Todesschrei des tapferen Bruder. Dann wieder die verfolgenden Schritte.

 

 Der Squärgant ließ sich einfach nicht abschütteln, immer kürzer wurde der Abstand zwischen Squärkin und Squärgant. Der Weg führte immer weiter hinauf, durch Gänge und über Treppen, aufwärts flohen die Squinns, doch Ermüdung drohte bei jedem Schritt. Fast hatte der Squärgant sie eingeholt, da erreichten sie eine Treppe, die zudem noch einen Abgrund überspannte, welcher sich tief in die Fundamente Squärdalons gegraben hatte. Als der Squärgant kurz nach den beiden Squinns die Mitte erreichte, zerbrach plötzlich unter seinem Gewicht und der gewaltigen Kraft seiner Schritte die Treppe unter ihm und er stürzte mit einem überraschten Brüllen in die Tiefe.

 Doch auch unter dem ältesten Bruder hatte das Gestein nachgegeben und er verlor jeglich Halt, aber der jüngste und einzig verbliebene Wurfbruder griff nach ihm und schaffte es gerade noch einen Tragegurt zu greifen.

 "Zieh mich hoch, verdammt!"

 "Ich kann nicht, Du bist zu schwer mit all dem Gepäck."

 "Warte, vielleicht kann ich Deine Hand erreichen, dann kann ich die Bücher abwerfen und Du mich dann hochziehen."

 "Nicht die Bücher, sie enthalten unersätzbare Geheimnisse der Alten."
 "Es geht um mein Leben, Bruder. Halte keine Reden, ziehe mich endlich rauf."
 Der jüngste Wurfbruder zörgerte, doch nur kurz, dann zückte er sein kurzes Schwert und führte eine raschen Hieb durch die Gurte, die seinen Bruder hielten. Dieser stürzte mit einem Fluch in die Tiefe und der Jüngste zog das Bücherbündel hoch.

 

 Der letzte überlebende Wurfbruder erreichte endlich voll bepackt mit uralten Büchern die von Squärkin bewohnten Ebenen Squärdalons. "Jetzt brauche ein Bad", dachte er und lächelte voll böser Vorfreude bei den Gedanken an die nahe Zukunft.

 

 Epilog:
 Grillk, der Patriarch des Squinn-Stammes, saß an seinem Schreibtisch Im Laboratorium und wühlte in seinen Aufzeichnungen. Als es klopfte saugte er kurz Luft durch seine Nase und betätigte einen Hebel, der die Tür hinter seinem Rücken öffnete.

 

 "Komme herein, Sohn, aber rühre nichts an."

 "Nicht länger Sohn, Grillk, ich habe mir selbst einen Namen verdient, nennt mich von nun an Daehsquinn"

 Der alte Patriarch erstarrte, als ihm die volle Bedeutung des alten Namen klar wurde und langsam drehte er sich um. Dort stand sein Sohn, zweifelsfrei erkannte er ihm am Geruch, doch sein Fell war nicht länger gefleckt, nein, es war von einem strahlenden, makellosen weiß.

 

Die andere Seite

 Swaqu, Patriarch des Hras-Stammes und Dominant von Llugg, saß an seinem Schreibtisch und schaute durch das Fenster auf die Hauptstraße von Llugg-Stadt. Es war ein typischer Wintermorgen im letzten Mond des Kronenjahres. Der kalte Wind vom Meer hatte Schnee über weite Teile des Freibundes abgeworfen und machte das Leben in diesem hellen Land nicht gerade angenehmer.
 Der Dominant spitzte die Ohren, denn lieblich Flötentönen drangen von draußen in sein Arbeitszimmer. Swaqu stand von seinem Stuhl auf, öffnete die Tür und trat ins Vorzimmer, wo sich sein Schreib-Squinn ebenfalls schon erhoben hatten und der wundervollen Melodie lauschte. Gemeinsam gingen sie auf die Straße hinaus, dort hatten sich schon zahlreiche Krieger vom Hras-Stamm versammelt, die Swaqu alle aus Squärdalon hatte kommen lassen, um ihm bei der Unterjochung der Domäne zu unterstützen. Sie alle folgten dem Klang der Flöte zum Marktplatz, wo sich auch schon Squärkin aus anderen Stämmen versammelt hatten, die alle hier in Llugg tätig waren, sei es als Händler, Soldaten oder gar als Kolonisten in diesem trockenen Land. Dort auf dem Brunnenrand stand ein junger Haarloser und spielte die Flöte in höchster Perfektion. Wie im Bann lauschten die Squärkin der Musik. Als schließlich alle Squärkin der Stadt herbeigeströmt zu sein schienen, stieg der junge Mann, ohne sein Spiel zu unterbrechen, vom Brunnen herab u ging langsam Hauptstraße hinunter. Swaqu und seine Verwandten und auch die anderen versammelten Squärkin, folgten dem Spielmann die Straße entlang, ihr Verstand wie benebelt von den lieblichen Tönen der Flöte. In Swaqus Kopf hämmerte eine Stimme und drängte ihn aufzuwachen und sich dem Flötenspiel zu entziehen, doch er konnte nicht, die Melodie schwemmte jeden derartigen Gedanken schnell wieder fort. Ihm war zwar so, als stimme etwas ganz und gar nicht, doch war für ihn nichts greifbar.

 

 Die Flöte zog die Squärkin weiter, aus der Stadt raus, durch die Felder, immer weiter. Die Stimme nagte weiter in Swaqus Verstand, er wußte, daß etwas falsch war, aber dem lieblichen Spiel des Jünglings konnte er sich nicht verschließen. Und so folgten die Squärkin dem Flötenspieler Tag und Nacht durch die verschneite Landschaft Lluggs.

 Doch dann wurde sein Spiel unregelmäßiger und seine Schritte unsicher, Müdigkeit verzerrte die Züge des Haarlosen. Schließlich mußte er sein Spiel aufgeben. Der Nebel um Swaqus Verstand verflüchtigte sich und der Patriarch erkannte was passiert war.

 "Und nun?" fragte er den reglos dastehenden Flötenspieler und gab seinen Untergebenen einen kurzen Wink. Nur wenige Augenblicke später war der Schnee rot gefärbt vom Blut des Jünglings.

 

 Geistreiches aus dem Dämonensumpf

Alt ist der Dämonensumpf und voller dunkler Geheimnisse. Die Alchemisten gingen hier ihren finsteren Trieben nach, Kriege mit Schlachten voller magischer Energie fegten über den Sumpf hinweg und auch die alten Squärkinmagier hatten Spuren hinterlassen. Hin und wieder trifft man im Dämonensumpf auf Überreste dieser Ereignisse und dann tut man gut daran, sich möglichst schnell zu entfernen, denn schon manch Unkundiger wurde von den finsteren Schrecken verschlungen und ward nie mehr gesehen.

 Geisterblitze nennen es die Squärkin wenn die Luft plötzlich wie nach einem Gittersturm riecht und man um sich Szenen längst vergangener Schlachten sieht. Meist sind dies Reflexionen aus den großen Kriegen, die vor über vier Jahrhunderten zum Untergang des Squärkin-Imperiums führten, gelegentlich sieht man aber auch gewaltreiche Szenen aus jüngeren Tagen. Oft sind diese Szenen nur schemenhaft wahrnehmbar oder man kann sogar nur die Schlachtgeräusche hören. Doch manchmal ist es unglaublich real, man glaubt sich geradezu in der Zeit zurückversetzt. Gelegentlich stirbt dabei ein Unkundiger entweder vor Schreck oder weil er aus Angst unvorsichtig wird und vom festen Weg abkommt oder in einen Nebelgleiter läuft. Diese Geisterblitze können überall im Dämonensumpf auftreten, aber an einigen Stellen scheinen sie besonders real zu werden, denn immer wieder kann man dort einen toten Squärkin finden, offenbar von einem Schwert getroffen ...

 

 Recht und Unrecht war bei den Squärkin schon immer eine Frage der Durchsetzungskraft. Doch vor über hundert Jahren nahm sich ein Squärkin eine ungerechtfertigte Verurteilung ungewöhnlich stark zu Herzen.

 

 Ein Haarloser aus den Trockenländern war im Dämonensumpf getötet wurden und der untersuchende Krieger-Patriarch wollte, um die guten Beziehungen nach draußen nicht zu gefährden, einen schnellen Abschluß des Falles. So wurde ohne große Mühe schnell ein Täter gefunden, man könnte auch sagen bestimmt, und ihm kurzerhand der Kopf abgeschlagen.

 Noch immer kann man in der Morgendämmerung den kopflosen Squärkin durch den Nebel wandern sehen. Die Alten erzählen, dieser Nebel stamme aus der Unterwelt und löse bei den Haarlosen, denen der Squärkin die wahre Schuld für seinen Tod anlastete, die tödlich Pest aus ...

 Die meisten Squärkin glauben heutzutage bekanntlich von der Großen Mutter erschaffen worden zu, andere dagegen, darunter die Squinns, glauben die Squärkin seien den Töpfen der alten Alchemisten entsprungen, doch selbst von letzteren glauben nur wenige dem Bericht des Jung-Squinns Brek:

 

 Ich hatte gerade erst meinen Namen erhalten, da beauftragte mich Daehsquinn mit der nach der Quwigga-Wurzel. Nach einigen Tagen vergeblichen Suchens hatte ich mich bis ins ferne Hochmoor vorgewagt, obwohl ich nur zehn gemietete Krieger dabei hatte. In der dritten Nacht dort oben wurden wir überfallen. Ich konnte den Angreifer zunächst nicht identifizieren, doch dann erkannte ich, daß es sich um seltsam deformierte Squärkin handelte. Ihr aller Fell war grau, wie bei alten Patriarchen, es war bei allen mit eitrigen Wucherungen durchsetzt. Die Deformationen waren unterschiedlich, manche hatten verkrümmte Gelenke, andere zusätzliche Gliedmaßen oder gar Stummelflügel, wieder andere zusätzliche Augen. Meine Krieger und ich wurden fast alle sofort überwältigt, wir hatten keinerlei Chance.

 Als ich wieder erwachte, trugen die Kreaturen uns an Spießen gebunden über ihre Schultern durch ein Höhlensystem. In einer großen Höhle hängt man uns auf, wie Fleisch in einer Speisekammer. Und das war tatsächlich Teil dessen was uns erwartete. Zwei Krieger wurden augenblicklich über eine Feuerstelle gehängt, ihre Schreie höre ich manchmal noch heute. Drei andere wurde in einem Ritual grausam geopfert, welchem Gott dies diente konnte ich leider nicht erkennen.
 Nach drei Tagen in denen auch die letzten Krieger verspeist wurden, kam einer der Deformierten zu mir und ich glaubte, an der Reihe zu sein. Die Kreatur stank fürchterlich, schlimmer als kranke Haarlose. Sie muß meine Abscheue bemerkt haben, denn sie stieß zischendes Lachen aus. Dann erzählte sie mir, während ich vor Angst verging eine unglaublich Geschichte. Der Deformierte, er nannte sich Srol, sprach von den alten Alchemisten, wie sie in ihren Töpfen mit den Squärkin experimentierten. Alle heutigen Squärkinrassen gingen, laut Srol, auf diese Experimente zurück, viele weitere seien im Laufe der Zeit ausgestorben. So weit war es noch recht glaubhaft, aber dann erzählte er, wie die Ziele der Alchemisten sich wandelten und sie ihre eigene Unsterblichkeit anstrebten. An den Squärkin erprobten sie ihre Zaubermittel und Tausende krepierten in den Kesseln.

 

 Schließlich stellte sich ein gewisser Erfolg ein, Srol war der erste, der in der Prozedur nicht zu Grunde ging und tatsächlich überdauerte er die Jahrhunderte. Doch der Preis war entsetzlich, denn seine Gestalt war schauderhaft verändert und vom ersten Augenblick in dem er aus dem Topf kroch bis heute quälten ihn Schmerzen, die seinen ganzen Körper durchzogen. Die Experimente gingen weiter, doch irgendwann gelang den Unsterblichen den Ketten zu entkommen und sie töteten alle Alchemisten, derer sie habhaft werden konnten. Doch der letzte belegte sie mit einem Fluch, welcher ihnen den Freitod verwehrte und ebenso nahezu jegliche Möglichkeit verhinderte auf eine Vernichtung durch andere hinzuarbeiten. Viele Jahrhunderte hatten sie mit dem Fluch Versuche angestellt, doch sie fanden keinen Weg in den erlösenden Tod.

 Irgendwann durchschnitt Srol meine Fesseln, doch ich mußte ihm versprechen niemanden von den Unsterblichen erzählen, das war seine einzige Forderung bevor er mich frei ließ. Er sagte nach diesem Versprechen, sei ich, der schwächlichste Gefangene, den sie je gemacht hatten, keine Gefahr mehr für sie und ihr Leben werde andauern. Ich wußte, er versuchte mir etwas mitzuteilen, doch lange verstand ich nicht, verstand auch nicht den seltsamen Ausdruck in seinen vier Augen. Ich verließ die Höhlen und schlug mich mit viel Glück nach Squärdalon durch. Lange hielt ich mein Versprechen, auch wenn es mich immer wieder um den Schlaf brachte. Doch eines Nachts, als ich wieder aus einem Alptraum erwachte, verstand ich plötzlich was Srols Blicke zu bedeuten hatten. Er hoffte, obwohl er sich selbst vom Gegenteil überzeugen mußte, daß ich mein Versprechen brach und mit einem Heer zurückkehrte, die Unsterblichen von ihrer Qual zu erlösen ...

 Der letzte Bericht stammt von einem Haarlosen-Sklaven, der mit einer ganzen Gruppe geflohen war, aber nach nur zwei Wochen wieder als einziger Überlebender an die Tore Squärdalons klopfte:

 

 Die Gruppe hatte sich nach ihrer Flucht nach Ophis gewandt, um dort das Doppelfürstentum LaFroan und Midonn an der Grenze des Dämonensumpfes zu erreichen. Während einer nächtlichen Rast entfernte sich ein Mann aus der Gruppe, der auf den Namen Ahdel hörte, aus dem Lager, um sich zu erleichtern. Als er ein paar Dutzend Meter vom Lager entfernt stand, tauchte plötzlich aus dem Nebel ein Squärkin auf. Ahdel erschrak, denn er glaubte die Wächter kämen, um die Flüchtlinge wieder einzufangen doch dann erschrak er noch mehr, denn der Squärkin war offenbar tot. Die Augen waren blank und der sonst so aktive lange Schwanz schleifte leblos über den Sumpfboden.
 Der Untote ging nur langsam mit erhobenen Klauen auf Adhel zu und der nutzte die Chance und lief blindlings in eine Richtung davon. Mit schnellen Schritten raste er los, wich Büschen und Sumpflöchern aus. Ab und zu warf er einen kurzen Blick über die Schulter und sah dann, daß der Squärkin wieder ein Stück nähergerückt war und das obwohl er seine langsamen Schritte beizubehalten schien.

 

 Letztlich scheiterte Ahdel an der für ihn feindlichen Umgebung, er stürzte in ein Sumpfloch und drohte im Schlamm zu ertrinken. Verzweifelt schlug er mit den Armen um sich in der Hoffnung einen Ast oder einen anderen Halt greifen zu können. Doch immer tiefer sank er, die Luft ging ihm aus und der Tod lauerte in Wartestellung. Da spürte Ahdel wie jemand seine Handgelenke packten und ihn aus dem Loch zog. Völlig erschöpft sank er auf den Boden und sah sich nach seinem Retter um. Er schrie als er neben sich den untoten Squärkin sah, der sich in grausiger Vorfreude mit Zunge über die Zähne leckte, bevor er ihn sie Ahdels Hals schlug.

 Immer noch schreiend wachte der Ahdel auf, er hatte das Lager nie verlassen. Er erzählte den fürchterlichen Traum seinen Kameraden und alle lachten mit ihm, nur einer nicht, denn der erkannte, daß Ahdel unter einer Wunderweide geschlafen hat, die den Legenden zufolge wahre Träume bringen soll ...

 

 Wolfsmond

Tief unten, unter der untersten bewohnten Ebene Squärdalons, öffnete sich langsam eine Tür und ein Squinn huschte in eines der zahlreichen Laboratorien. Mit einem Räuspern machte er auf sich aufmerksam.
 "Herr, ist es denn wirklich sinnvoll dieses Projekt zu beginnen? Es könnte zu Kämpfen unter den Haarlosen kommen, was möglicherweise zu Tributverlusten führt"
 "Das wäre nur ein geringer Preis im Vergleich zum möglichen Gewinn, Krel. Wir müssen in den Freibundländern Menschen an die Macht bringen, die auf unserer Seite stehen, nicht nur durch unsere Macht gebrochen. Dies ist ein erster Schritt.

 

 "Doch ist nicht ihr Gott auch einer der unseren?"

 "Das ist er, doch verehren sie ihn auf eine so schrecklichte Art, daß allein der Gedanke mich schon blendet.

 "Dann werde ich nun die letzten Schritte einleiten."

 "Und Krel ... ich will einen Beweis."

 Der bleiche Vollmond schien über den Sumpf von Rauhtan und auch das Licht der Sterne durchdrang den kalten Nebel. Das Zeichen des Wolfes hatte in dieser Nacht seinen höchsten Punkt im Laufe des Jahres über den Horizont im Machairas erreicht.

 Ein fürchterlicher Schrei ertönte und Blut bespritzte den Priester und auch die Menschen in den vordersten Reihen der versammelten Gläubigen. Das Lamm auf dem Altar zuckte ein letztes Mal bevor es mit einem letzten kläglichem Seufzen verendete. Der Priester leckte an dem blutigen Dolch und streckte ihn mit beiden Händen der schwarzen Statue entgegen, die ein dämonisches Mischwesen aus Wolf und Mensch darstellte.

 "NATAX ATAXA TAXAT AXATA XATAN!"

 Wie zur Antwort auf den Ruf des Priester, heulte in der Ferne ein Wolf.

 In seinem eigenen Laboratorium hockte Krel auf einem Schemel und starrte angespannt in den Kessel, in dem eine rötliche trübe Flüssigkeit über der ewigen Sumpfgasflamme gerade zu sieden begann. Schließlich war Krel zufrieden und nahm ein kleines Gefäß aus Druventon aus einer Tasche an seinem Gürtel. Daraus entnahm er drei kurze braune Haare und ließ sie vorsichtig in den Kessel fallen, worauf die Flüssigkeit sofort klar wurde.
 Nachdem eine kleine Wasseruhr in der Ecke das Verstreichen einer weiteren Viertelstunde anzeigte, nahm Krel einen langen Löffel zur Hand und nahm einen kleinen Schluck des Gebräu. Angewidert aber zufrieden verzog er sein Gesicht zu einer Grimasse, sein Schwanz zuckte einige Male wild umher. Krel lief schnell einige Schritte zu einem nahen Regal und griff nach einer Zange aus grauen Eisen. Die tauchte er in den Kessel und fuhr suchend durch die Flüssigkeit, bis er gegen einen Gegenstand stieß. Mit der Zange griff er danach und zog ihn aus dem Kessel. Es war ein Dolch mit geschlängelter Klinge, bestehend aus schwarzem Eis. Nachdem die letzten Tropfen von der Klinge abgefallen waren, nahm Krel den Kessel vom Feuer und begab sich mit dem Dolch zu seiner Werkbank. Dort nahm er einen dünnel Meißel zur Hand und ritzte sechs Buchstaben in den Eisdolch.

 

Wenige Tage vor Ende des Wolfsmond wechselte in dunkler Nacht in einer schmalen Gasse in Wolfenheim ein Dolch mit geschlängelter Klinge den Besitzer. Während der ursprüngliche Besitzer die Siedlung mit schnellen Schritten verließ, begab sich der Empfänger in das Zentrum dieser Stadt, nach der die ganze Domäne benannt war. Dort richtete er sich auf und verließ die schützenden Schatten. Selbstbewußt überquerte die Gestalt den großen Platz vor der Bürgerhalle und betrat durch eine schmale Tür einen Seitenflügel des Gebäudes. Nun wurde er wieder vorsichtig und schlich leise durch den Flur bis er eine ganz bestimmte Tür erreichte. Vorsichtig öffnete er sie und schlüpfte in das dahinterliegende Zimmer. Dort schlief ein großer Mann, an dem sich erste Anzeichen von Alter zeigten und an ihn geschmiegt eine deutlich jüngere Frau gemeinsam unter einer Decke aus warmen Fellen. Die Gestalt zog den geschlängelten Dolch und rammte ihn den Mann in den Hals. Dieser riß die Augen auf, rang nach Luft und versuchte nach seinem hwert neben dem Bett zu greifen, doch bevor er es erreichte brach er tot zusammen. Von der Bewegung erwachte auch die Frau, doch bevor sie einen Ton von sich geben konnte, zog der Attentäter eine Axt aus seinem Gürtel und erschlug auch sie. Dann nahm er den Dolch wieder an sich und wischte sorgfältig das Blut von der eisigen Klinge, die eingeritzten Buchstaben leuchteten nun in einem hellen Rot.

Daehsquinn, der Herr aller Squärkin und uneingeschränkter Herrscher über Squärdrumen, saß auf seinem Thron und betrieb gedankenlos Krallenpflege, während er sich die Berichte seiner Untergebenen anhörte. Dazu benutzte er einen Dolch aus schwarzem Eis mit einer geschlängelter Klinge, auf der man selbst aus einigen Schritten Entfernung deutlich ein Wort aus roten Buchstaben lesen konnte: Groerf.

 

 Die Erben des Kometen

 Teil 1 Die Kometenkönigin

Es war ein wunderschöner Wintertag im 542. Jahr des Exils als Jadan II. seine letzte Reise antrat. Der Wind weht sanft von Land, blähte das Segel und trieb das kleine, brennende Boot auf die weite Nebelbucht heraus.

Lumeyna, seine Tochter und Erbin, stand mit ihren Geschwistern und den anderen Anverwandten auf dem Steg und verfolgte den Weg des Totenschiffes. Als die letzten Flammen in den eisigen Fluten des Meeres erloschen und die See die Asche des königlichen Leichnams verschlang, löste sich die Versammlung langsam auf. Die Menschen zogen sich in das nahe Familienschloß zurück, über dem die blaue Flagge mit der gelben Sonne im weißen Kreis am Trauermast wehte.

 Nur Lumeyna blieb noch und starrte in die zunehmende Dunkelheit. Morgen würde ihr Onkel die Krone auf ihr Haupt setzen und sie so zur Königin von Nyrngor und Neu-Nyrngor ernennen. Sie würde die vierte Königin dieses Namens sein, in einer langen Linie von Königen und Königinnen, seit ihre Familie kurz nach Allumeddon aus ihrer Heimatstadt Nyrngor auf der anderen Seite der Welt fliehen mußte. Es war ein stolze Linie, deren Erbe durchgehend in direkter Folge an das älteste Kind weitergegeben wurde, seit die Welt sich wandelte. Ihre Stammmutter war Königin Elivara, welche einst die Caer aus Nyrngor vertrieb und ihr Stammvater war Mythor, der Sohn des Kometen. Ihrer Verbindung entstammte ihr Sohn Myrnen, der noch im Kindesalter sein Volk ins Exil führte, als die Finsternis Nyrngor erneut überschwemmte. Ein ganzes Leben später nahm Myrnen auch noch die Krone der neuen Heimat Neu-Nyrngor an und bis zum heutigen Tage hatte die Familie ihren Anspruch auf beide Städte nicht aufgegeben und wird es nie tun, so lange sieesteht. Wie ein Klagelied murmelte Lumeyna die Namen aller Könige seit Elivara, bevor auch sie sich in den warmen Palast begab.

Die Worte, die Lumeyna am nächsten Morgen zur Königin machten, waren so alt wir das Exil von Nyrngors Königen. Elivara sprach sie, als sie sterbend ihrem Sohn die Krone anvertraute: "Unser Königreich ist verloren, doch unser Volk lebt weiter. Du und Deine Nachkommen sind verpflichtet für seine Menschen zu sorgen und wenn eines Tages die Sterne wieder günstiger stehen, unsere Heimat zurückzugewinnen. Vergiß niemals, daß Du König über Nyrngor bist."

Die Krone ist weniger alt, denn Elivaras Krone versank zu Pondaron zusammen mit ihrem Träger Hester I. im finsteren Dämonensumpf. Die Krone, welche Lumeyna nun trug, war ein einfacher Reif aus Gold in dem auf der Stirnseite mit kleinen Diamanten ein Komet abgebildet war. Dies sollte das Bündnis der Könige von Nyrngor mit dem Lichtboten symbolisieren, oftmals wurden die Herrscher von Nyrngor und Neu-Nyrngor daher auch Kometenkönige genannt.

Nach dem Empfang der Krone, war es für Lumeyna an der Zeit, ihre Waffenträger zu ernennen, die ihr als Beschützer und Berater dienen sollten. Das gläserne Schwert Alton übergab sie ihrem Bruder Karnen, dem zweiten in der Erbfolge. Den Helm der Gerechten gab sie ihrer Schwester Sirdafa, ihre beiden engsten Freundinnen, den Zwillingsschwestern Rian und Gera, vertraute sie Mondköcher und Sternenbogen an. Der Sonnenschild ging an Lumeynas Vetter Sklutur, das Dragomae an ihren Onkel und Lafar, der sie krönte. Als letztes übergab sie eine Flagge auf der Einhorn, Schneefalke und Bitterwolf kunstvoll gestickt waren, an ihren jüngsten Bruder Rokhan.

Natürlich waren all dies nur Imitationen der legendären Geschenke des Lichtboten an den Kometensohn, doch als Nachkommen Mythors erhoben die Kometenkönige stets auch Anspruch auf die Originale.

Zwei Monde später hatte die Routine des Amtes die junge Königin eingeholt. In der Halle des Familienschlosses saß Lumeyna auf ihrem Thron und sprach Recht, wie es seit jeher das Vorrecht der Könige war. Neben befanden sich Sirdafa mit dem Helm der Gerechten und Lafar als ihr Berater. Die Zeit schleppte sich dahin und Lumeyna verließ sich hauptsächlich auf das Urteil ihres Onkels, der ihr an solchen Tagen stets hilfreich zur Seite stand. Ihre Brüder standen zu ihrem Schutz bereit, Sklutur und die Zwillinge waren mit den verschiedensten Aufgaben im Land unterwegs.

Gerade ging es mal wieder um Streitigkeiten zwischen benachbarten Bauern, als es an der Tür plötzlich einen Tumult gab und ein Bote in die Halle stürmte.

 Er stürmte vor bis zum Thron und ließ sich dort kurz auf sein rechtes Knie nieder.

"Meine Königin, es ist etwas furchtbares passiert. Die Dämonen sind aus ihrer alten Wohnstatt im Sumpf ausgeschwärmt und bringen in riesigen Scharen alles Gebiet unter ihrer Kontrolle dessen sie habhaft werden können. Und auch die Barbaren der Inseln sind gelandet und wollen ihr altes Reich wieder aufbauen!"

Panik wollte Lumeyna ergreifen und beinahe wäre sie entsetzt von ihrem Thron aufgesprungen. Doch rechtzeitig noch riß sie sich zusammen und erinnerte sich, daß es nun ihre Aufgabe war, Vorbild zu sein dem Volk Zuversicht einzuflößen. Sie bat den Boten weiter zu berichten, wobei sie nur hoffen konnte, daß man ihrer Stimme nichts anmerkte. Ein anerkennender Blick Lafars zeugte von Erfolg und Lumeyna beruhigte sich weiter.

Während der Bote die Einzelheiten kund gab und Lumeyna die Verteidigung Neu-Nyrngors begann, verließen zahlreiche Menschen die Halle, um eilends auf ihre Güter und in ihre Geschäfte zurückzukehren, wo sie alle möglichen Vorbereitungen treffen wollten, ihren Besitz zu sichern.

Trotz aller Vorbereitungen gab es keine Möglichkeit Neu-Nyrngor wirkungsvoll gegen die Übermacht der dämonischen Rattenwesen zu verteidigen. Das kleine Land zwischen Sumpf und Meer wurde von den feindlichen Heerscharen überrollt und von den Squärkin besetzt. Lumeyna gelang mit ihren Waffenträgern die Flucht auf einem kleinen Schiff, Karnen war im Kampf verwundet wurden, hatte aber gute Aussicht auf völlige Genesung. Mit Tränen in den Augen stand sie im Heck des Bootes und mußte mit ansehen, wie ihr Geburtshaus verbrannte und ihre letzten Soldaten starben als sie ihre Flucht deckten. Bevor das Schiff die Bucht verließ und Kap Licht rundete, schwor Lumeyna bei der Ehre ihrer Familie, alles zu tun ihr Land wieder von den Eroberern zu befreien.

 Teil 2 Kometen ohne Land

Lumeyna stand nachdenklich am Bug des Schiffes und starrte in die Nacht hinaus. Der kalte Wind rötete ihre Wangen und spielte mit ihren lockigem braunen Haar. Hinter sich hörte sie ihren Bruder Rokhan und ihren Vetter Sklutur, die ebenfalls nicht schlafen konnten. Aber bei ihnen war es nicht die Sorge um ein Königreich, die sie wachhielt, vielmehr rebellierten beider Mägen gegen die Schiffsbewegungen. Ein paar Delfine spielten Steuerbord voraus im Mondlicht und zauberten ein leichtes Lächeln auf die von Schmerz gezeichneten Züge der jungen Königin.

Drei Monde waren ins Land gegangen seit Lumeyna IV., Königin von Nyrngor und Neu-Nyrngor, aus ihrer Heimat fliehen mußte. Neu-Nyrngor war von den widerlichen Ratten aus dem Dämonensumpf erobert worden, ihr Volk, ihre Freunde und ihre Verwandten wurden versklavt oder erschlagen. Nur ihre Waffenträger waren mit Lumeyna an Bord des kleinen Segelschiffes gegangen, das die Kometenkönigin in Sicherheit brachte

Lumeyna hatte befohlen, das Schiff nach Chaladorn zu steuern, in der Hoffnung bei den Barbaren der Inseln einen Verbündeten zu finden. Die Gefahr, einfach nur den Besatzer zu tauschen, war zwar groß, aber immerhin sind die Chaladorner Menschen. Doch zu Lumeynas Überraschung waren die Barbaren gar nicht begeistert von der Idee, die Ratten zu bekämpfen, sie glaubte sogar eine Atmosphäre der Angst zu spüren. Mit Lafars und Sirdafas Hilfe sprach sie mit vielen wichtigen Persönlichkeiten, aber überall stieß sie auf Ablehnung. Enttäuscht verließ Lumeyna die Inseln und kehrte an den Rand der Welt zurück, drei Monde waren verschwendet.

Bei Tagesanbruch würden sie die Smaragdküste erreichen, hatte der Kapitän angekündigt. Dort plante sie mit ihren Gefährten, an Land zu gehen, sich durch die von Chaladorn beanspruchten Gebiete zu schlagen, bis sie nach Squärdrumen gelangte, wo sie bei den unterjochten Menschen mit Sicherheit Verbündete in ihrem Kampf gewinnen würde.

Seufzend verließ Lumeyna ihren Platz und zog sich in ihre Kabine zurück, um wenigstens noch ein paar Stunden zu ruhen.

Sie trafen sich in der relativen Sicherheit einer Lichtung in der strahlenden Mittagssonne. Sie, das waren Lumeyna mit ihrem alten Onkel und Ratgeber Lafar, sowie den Zwillingen Gera und Rian als Eskorte auf der einen Seite und auf der anderen jener Mann, der im ganzen Hab-Wald nur als Ahorn bekannt war und dieses kleine Land regierte, seit die Squärkin es eroberten und Daehsquinn den Herrschertitel Eiche annahm. Auch er hatte drei Begleiter mitgebracht.

"Wie könnt Ihr es ablehnen uns zu helfen?" fragte Lumeyna gerade empört.

Der alte Ahorn lächelte nachsichtig und antwortete mit würdevoller Ruhe.

"Hoheit, Ihr überseht einen wichtigen Umstand. Die Squärkin unterdrücken uns nicht, das Verhältnis zu ihnen ist geradezu freundschaftlich. Bedenkt, daß wir seit vielen Generationen mit den Baumsquärkin Seite an Seite leben."

"Aber ihr seid Menschen!" rief Lumeyna. "Und die Squärkin sind so ziemlich die bösartigsten Geschöpfe, die auf dieser Welt leben!"

"Das muß ich entschieden bestreiten, Hoheit, man kann sehr gut mit ihnen auskommen. Ihr habt ja noch Glück, denn der Hab-Wald und Milaf wurden im Abkommen von Tie Shiana geteilt, während Chaladorn Euer Reich komplett den Squärkin überließ." Lumeyna und Lafar erstarrten plötzlich. "Das wußtet Ihr nicht, Hoheit? Der Erste Peitschenträger des Anrashs verzichtete auf sämtliche Ansprüche auf Euer Land und so hatten die Squärkin in Neu-Nyrngor frei Bahn."

Lumeyna wirkte, als habe man ihr einen Stich ins Herz versetzt, nur mit viel Mühe bekam sie sich wieder in Gewalt.

 "Verkauft", murmelte sie, dann riß sich die junge Königin zusammen. "Um so wichtiger ist, daß wir den Kampf nicht aufgeben und der ganzen Welt ein Beispiel geben.

Als aus dem Wald plötzlich das Knacken eines Astes zu hören war, schaute sich Lafar mißtrauisch um, während die Zwilling schon die Bögen spannten.

"Seit Ihr sicher, daß wir hier und jetzt nichts zu befürchten haben? Wir stehen hier doch für alle sichtbar", fragte Lafar ihren Gastgeber.

"Die Squärkin ruhen um diese Zeit, und außerdem meiden sie die Mittagssonne. Bei dieser Helligkeit könnten sie uns vom Waldrand aus sowieso nicht erkennen. Den Baumsquärkin wäre es möglich, aber sie meiden Fremde wie euch. Vermutlich ist es einer von meinen Leuten."

"Nun denn", sagte Lumeyna, "es ist aber auch so an der Zeit zu gehen. Habt Dank für dieses Gespräch und wenn Ihr uns auch nicht helfen wollt, so bitte ich Euch, wenigstens unser Treffen und das Gesprochene nicht an die Squärkin zu verraten"

"So sei es", sprach Ahorn und verneigte sich leicht vor der Königin. "Wohin wollt ihr nun gehen?"

"Ich dachte ursprünglich an LaFroan und Midonn, aber ich hörte auf unser Reise, daß der Traktirch noch immer Gefangener der Squärkin ist und sein Volk sehr geschwächt. Vermutlich gehen wir nach Gestrar-Rialton."

"Ich wünsche Euch Glück auf Eurer Reise, doch seid vorsichtig, denn es heißt die Eiche sucht euch bereits."

Die Hohe Frau Ardia diskutierte mit dem Dominanten Grassquon die Steuereinnahmen Gestrar-Rialtons im vergangenen Mond. Daehsquinn sei zufrieden gewesen heißt es, doch Grassquon hatte sich mehr erwartet, in der Hoffnung seine Position im Imperium zu festigen.

Plötzlich sprang das Portal der Halle auf und acht bewaffnete Menschen stürmten hinein. Ardia erhob sich und bedachte die Eindringling mit zornigem Blick. "Wer wagt es mit Waffengewalt in mein Haus einzudringen?"

"Seid gegrüßt, Hohe Frau. Ich bin Lumeyna IV., Königin von Nyrngor und Neu-Nyrngor, dies sind meine Gefährten. Verzeiht bitte unser Eindringen, doch ich muß Euch sprechen."

Grassquon sprang von seinem Sitz. "Hohe Frau Ardia, ich fordere Euch auf, diese Frau zu verhaften. Daehsquinn fordert ihren Kopf!"

Ein Pfeil von Rians Sternenbogen zischte durch die Luft und traf den Dominanten in der linken Schulter. Grassquon stieß einen quietschenden Schmerzensschrei aus und flüchtete durch eine kleine Seitentür aus der Halle.

"Wie könnt Ihr es wagen in meinem Haus das Blut meiner Gäste zu vergießen", fuhr Ardia Lumeyna an. Ihre grauen Augen funkelten vor Wut und ihre rechte Hand lag am Griff des Schwertes.

"Ich bitte für das voreilige Handeln meiner Gefährtin um Verzeihung, Hohe Frau. Auf unser Reise durchquerten wir den Dämonensumpf und wurden die ganze Zeit von Rattenkriegern gejagt. Wenn wir sie abschüttelten, wandte sich noch immer die Natur gegen uns und so ist keiner von uns ohne Wunden während wir hier vor Euch stehen."

"Was immer Ihr für Gründe habt, ein Gast wurde in meiner Halle angegriffen und meine Ehre fordert Genugtuung. Wehrt Euch, Königin!"

 Mit einem eleganten Schwung zog Ardia ihr Schwert aus der Scheide und ging in Kampfstellung. Lumeyna streckte den rechten Arm nach hinten und sofort wurde ihr von Karnen Alton in die Hand gelegt. Die junge Königin wehrte sich mit Mut und Geschick, aber der Erfahrung Ardias war sie nicht gewachsen. Bald blutete sie aus mehren Schnittwunden an Armen und Beinen und spürte wie ihre Kräfte schwanden. Verzweifelt war sie einen Blick zu ihren Waffenträgern, doch sie wußte, daß ihr in einer Frage der Ehre niemand beistehen konnte. Ardia nutzte Lumeynas Ablenkung und mit einen gewaltigen Hieb gegen das Schwert stieß sie die Kometenkönigin zu Boden. Doch der von Lumeyna erwartete Todesstoß blieb aus. Die Hohe Frau trat zwei Schritte zurück, verbeugte sich und erklärte:

"Hiermit ist meiner Ehre genüge getan, nichts steht mehr zwischen uns und daher ist es mir eine Freude Euch in meinem Haus willkommen zu heißen."

Mit mühsam erkämpfter Eleganz und Selbstbeherrschung, rappelte sich Lumeyna vom Boden auf, verbeugte sich ebenfalls und dankte der Hohen Frau für ihr Willkommen.

Später als die Wunden der Königin versorgt waren und versammelte man sich zum Speisen, insbesondere Sklutur freute sich endlich wieder ein reichhaltiges Abendessen zu bekommen. Irgendwann kam das Gespräch schließlich auf den Anlaß für den Besuch der Nyrngorer.

"Hohe Frau, wir wissen, daß wir nach der Flucht des Dominanten nicht viel Zeit für Gespräche haben, daher verzeiht bitte die Unhöflichkeit beim Essen damit zu beginnen", eröffnete Lumeyna, worauf Ardia zustimmend nickte.

 "Ich weiß nicht, was Ihr über uns wißt. Neu-Nyrngor liegt fern von hier auf der anderen Seite des Sumpfes. Meine Heimat wurde wie die Eure von den Squärkin überrannt, doch wir werden uns das nicht gefallen lassen, wir werden uns trotz der totalen Niederlage weiter wehren bis das Blut der letzten Ratte Nyrngors treue Erde tränkt. Wir sind gekommen, weil wir nach Verbündeten suchen. Ruhmreich ist der Ruf der Frauen von Gestrar-Rialton und wir wünschen Eure Schwerter an unserer Seite, wenn der Kampf um die Freiheit beginnt."

'Verehrte Königin, Eure Worte bewegen unsere Herzen, aber ihr dürft eines nicht vergessen: Auch wir unterlagen im Krieg gegen die Squärkin. Ihr hattet Glück sie abzuschütteln, denn nur um Euch zu suchen, verließen sie diese Stadt. Euer Heer ist vernichtet und so sehr ich Eure Tapferkeit auch schätze offen gesagt sogar bewundere, bietet ihr meinen unterlegenen Kriegerinnen gerade mal Euch und sechs Mitstreiter als Verstärkung. Die Chancen in einem neuen Krieg sind aussichtslos, die Zahl der Squärkinkrieger ist zu hoch. Vielleicht ist es möglich, wenn der Freibund sich zu gleich erhebt und Hilfe von außerhalb kommt, doch für beides sehe ich wenig Hoffnung."

"Doch sollte sich ein solches Wunder ereignet, werdet ihr an Euch anschließen?"

"Da habt ihr mein Wort drauf, Königin. Sollte ich noch in Gestrar-Rialton herrschen, werden die Frauen für ihre Freiheit kämpfen."

Teil 3 Kometenjagd

Der Sonderbeauftragte Daehsquinns für die Verfolgung der Rebellen aus Neu-Nyrngor beugte sich über die Leiche einer jungen Menschenfrau. Squaarzock war stolz auf die neue Position, sein Stamm, die Vermittler, konnte bei Abschluß der Aufgabe weitere Zugeständnisse vom Ersten unter Vielen erwarten, aber ihm war ebenso bewußt, daß ein Versagen, den Vermittler-Stamm um viel Einfluß bringen würde. Squaarzock stupste den Körper mit seinem Fuß an, doch sie blieb zweifelsfrei tot. Ein dummer Fehler, der Vermittler war sicher, daß die Frau den Flüchtlingen geholfen hatte und wußte wohin sich die Nyrngorer begeben wollten. Nun ja, das läßt sich nicht mehr ändern. Sicher war nur, daß die Rebellen Gestrar-Rialton verlassen hatten und wenn sie nicht geflogen waren, konnten sie nur ein Boot bestiegen haben. Doch Squaarzock mußte sicher gehen und wies daher die ihn begleitenden Krieger vom Vique-Stamm an, das Fischerdorf nach weiteren Zeugen zu durchsuchen.

Lumeyna schlich mit ihrem kleinen Gefolge durch die dunklen Straßen von Kravenshad, der Hauptstadt Seelands. Die Königin von Nyrngor und Neu-Nyrngor war wütend wie schon lange nicht mehr. Nicht nur war ihr Besuch in Seeland völlig fruchtlos geblieben, nein der hiesige König hatte sie umgehend an die verdammten Squärkin verraten. "Verflucht sei Relaf von Urborg", dachte sie gerade, als sich hinter ihrer Gruppe Rattengekreisch erhob. Sie waren entdeckt worden!

"Es sind nur wenige", rief ihr ältester Bruder Karnen.

"Dann auf sie, aber schnell bevor mehr kommen", befahl Lumeyna.

Karnen übergab ihr Alton und zog sein eigenes Schwert bevor er als erstes auf die Squärkin zu stürmte. Die Zwillinge spickten die ersten Ratten bereits mit Pfeilen, doch dann vermischten sich die Kämpfenden und weitere Schüsse wurden nicht möglich daher sicherten sie für den Fall das andere Feinde auf den Lärm schnell reagierten.

Lafar kämpfte mit Routine und schaltete schnell einen Gegner aus, Rokhan war unerfahren und wurde von einem Squärkin schwer bedrängt bis Lumeyna ihm zu Hilfe kam. Sklutur und Karnen töteten jeder zwei, Sirdafa einen weiteren.

Gerade hatten sich die Nyrngorer von ihren gefallenen Gegner ab zur Flucht gewendet, da erhob sich hinter ihnen einer der totgeglaubten und warf seinen Speer auf Lumeyna. Sklutur hatte ihn bemerkt und warf sich vor seine Königen, doch ohne den Sonnenschild als Schutz bereit zu haben. Der Speer bohrte sich in Skluturs Bauch und warf ihn gegen Lumeyna, die erschrocken zu Boden stürzte, während die mörderische Ratte unter Karnens Schwert endgültig ihr Ende fand.

Sklutur war tödlich getroffen, doch trotz der Ermahnung ihres Onkels, trotzte Lumeyna der Gefahr und saß mit ihrem sterbenden Vettern in den Armen auf der Straße.

 "Meine Königin", röchelte Sklutur. "Ich muß Euch nun in Stich lassen, bringt Euch in Sicherheit.

"Du wirst mich nie im Stich lassen, geliebter Vetter", sprach Lumeyna mit Tränen in den Augen. "Nie könnte eine Königin größere Treue verlangen, du bist mein wahrer Sonnenschild." Sie küßte den Sterbenden auf die Stirn, wartete seinen letzten Atemzug ab und ließ sich dann von ihrem Onkel fortziehen. Auch die anderen schämten sich ihrer Tränen nicht, als sie die Stadt verließen und Zuflucht in den nahen Wäldern suchten.

Squaarzock war sehr mit sich zufrieden. Er hatte aus den spärlichen Informationen die richtigen Schlüsse gezogen und war noch rechtzeitig in Kravenshad eingetroffen, um die Leiche eines der Rebellen verbrennen zu sehen. Daehsquinns Sonderbeauftragter zog eine Haut aus seiner Gürteltasche und strich einen Namen sorgfältig durch.

 Er war den Feinden seines Herrschers dicht auf den Fersen, es war an der Zeit für einen Plan. Doch ein Plan mußte wohl überlegt werden und bedurfte einer guten Idee, sowie der nötigen Gelegenheit zur Ausführung. Zunächst blieb Squaarzock daher nichts anderes übrig, als dem hiesigen Dominanten einige Rotten Krieger abzuschwatzen, um die Umgebung gründlich zu durchsuchen, auch wenn die Rebellen die Domäne vermutlich längst verlassen hatten.

 Aber seine Zeit würde kommen, da war sich der Vermittler sicher. Und wenn er dann seine Klaue auf das zarte Fleisch der Königin legen können wird, sollten sich seine Mühen schon auszahlen.

Man hatte sich in einem alten Lagerhaus versammelt, alle Anwesenden trugen schwarze Kapuzenumhänge, die ihre Gestalten wirkungsvoll verhüllten. Aus leeren Kisten hatte man Sitzgelegenheiten und Stühle improvisiert.

"Hiermit eröffne ich die 24. Sitzung des Ritterordens für ein freies Reldan", lispelte der Mann an der Stirnseite. "Möge der Gott der nächsten Welt seine schützende Hand über uns halten."

"Ist das hier alles nötig, Revven? Wir wissen doch eh wer wir alle sind und es ist furchtbar warm unter den Kapuzen."

"Du sollst mich doch nicht beim Namen nennen, Dariog, ich bin hier nur Bruder Großmeister und du Bruder Siegelträger. Das gehört einfach dazu, wenn man einen Geheimbund macht, sonst können wir uns gleich den Ratten ausliefern."

Bruder Siegelträger brummelte noch ein paar leise Kommentare in seine Kapuze fügte sich dann aber.

"Brüder", fuhr der Großmeister fort, "es ist mir heute eine besondere Ehre, euch Kampfgefährten aus dem fernen Ophis vorzustellen. Wie wir haben sie den Kampf gegen die Besatzer ihrer Heimat nicht aufgegeben und auf der Suche nach Verbündeten sind sie nun in unser Land gekommen. Brüder, ich darf euch vorstellen: Königin Lumeyna von Nyrngor und Neu-Nyrngor und ihr Gefolge."

Bei diesen Worten öffnete er eine Tür zu seiner Linken und ließ die Kometenkönigin herein. Sie war noch immer gezeichnet von der langen Flucht, aber sie schritt aufrecht und stolz gefolgt von ihren Waffenträgern in das Lagerhaus.

Die Geheimbündler applaudierte der jungen Königin frenetisch, sogar ein begeisterter Pfiff war zu hören. Zunächst hielt Lumeyna eine kurze Ansprache und bat die Reldaner um Beteiligung in ihrem Kampf, anschließend tauschten alle ihre Erfahrungen mit dem Rattenvolk aus. Es entwickelte sich eine lebhafte Diskussion, Pläne wurden gemacht und wieder verworfen und keinem fiel es auf, als einer der Ritter für eine Freies Reldan heimlich durch die Tür verschwand.

In einer verborgenen Seitengasse wartete eine Gruppe Squärkin-Krieger, angeführt von einem ungeduldigen Vermittler. Als eine Gestalt in schwarzem Kapuzenumhang in der Gasse erschien, stürzte der Vermittler sogleich auf ihn los.

"Berichte!" forderte Squaarzock.

Ausführlich erzählte der verräterische Ritter Reldans von dem Geschehen in dem Lagerhaus.

"Verflucht!" schimpfte Squaarzock. "Wir haben die Widerstandsgruppen in den Freibundländern nicht selbst gegründet, um sie gleich wieder hochgehen zu lassen, sondern um potentielle Rebellen dauerhaft unter Kontrolle zu haben."

Die Krieger um ihn scharrten verlegen mit den Füßen, zum Denken waren sie nicht ausgebildet und die Selbstgespräche des Vermittlers lagen weit abseits des gewohnten Befehlston. Zum Glück schien er keine Antwort zu erwarten.

"Doch dürfen wir uns diese Gelegenheit nicht entgehen lassen, Daehsquinn fordert Ergebnisse. Rottenführer, bringe Deine Leute in Stellung, wir greifen an.

Der Angriffsplan war schnell gefaßt, es würde nur ein kurzer Kampf, schließlich war man deutlich in der Überzahl und der Feind völlig überrascht.

Doch bekanntlich überlebt kein Schlachtplan die Feindberührung und die Squärkin waren eh nicht gut im Planen. Die "Ritter" Reldans, waren zwar ungeübt, kämpften aber mit dem Mut der Verzweiflung und der überlegenen Kraft der menschlicher Muskeln. Die Nyrngorer waren Kämpfer seid Geburt und hatten in den letzten Monaten auch die nötige Erfahrung hinzugewonnen.

 Gemeinsam reichte es eine Bresche durch die Übermacht der Ratten zu schlagen, doch die Opfer waren groß, fast Zweidrittel der Ritter Reldans starben in dieser Nacht und in den folgenden Tagen der Verfolgung. Von den Nyrngorern fielen die Zwillinge Rian und Gera bei der Verteidigung ihrer Königin und Lumeynas Schwester Sirdafa erlag nach drei Tagen ihren Verletzungen.

Insgesamt war Squaarzock mit dem Ergebnis gar nicht unzufrieden, diesmal konnte er drei Namen auf seiner Liste streichen. Lumeyna war zwar wieder entkommen, aber sie war geschwächt und hatte nicht mehr viele Möglichkeiten offen.

Das Hundegebell kam immer näher, Lumeyna war völlig erschöpft rannte aber weiter durch die Hügel Urkambarlands. Die Hunde hatten die Squärkin seit Wolfenheim auf eingesetzt, Lumeyna war klar, daß die Flucht aus Reldan in jene Domäne ein Fehler war, der allein auf ihre Kappe ging. Ihr jüngerer Bruder Rokhan half ihr über einen Felsvorsprung, Lafar war vorangelaufen den besten Weg zu erkunden. Karnen war gleich am Morgen, als die Squärkin sie überraschend aufgestöbert hatten, geblieben, um den Rückzug zu decken, vermutlich war er schon tot.

Immer höher führte Lafar sie in die Berge, um die Hunde beim Klettern abhängen zu können. Doch verlangsamte diese Strategie auch ihre Bewegung und ließ die Ratten näher rücken. Gerade erreichte Lumeyna eine Stelle, wo sie sich ganz sicher war, daß die Hunde sie nicht überwinden könnten und so schöpfte sie wieder Hoffnung. Doch in diesen Augenblick ertönte oberhalb von ihr ein Schrei und ihr Onkel stürzte von mehreren Pfeilen durchbohrt an ihr vorbei in die Tiefe. Lumeyna erstarrte, sie war verloren, denn von unten kamen nun die Verfolger. Ihre Gedanken rasten doch es gab keine Lösung, im Bewußtsein ihrer endgültigen Niederlage überwand Lumeyna mit ihrem Bruder an der Seite die letzten Meter. Dort wurden sie von den Squärkin bereits erwartet.

"Sieg!" schrie es in Squaarzock, berauscht von dem erfolgreichen Abschluß seiner Mission, trat er auf seinen Gefangenen zu. In einer typisch menschlichen Geste zerbrach die Königin ihr Schwert und überreichte es ihm.

"Ich freue mich sehr, Euch endlich kennenzulernen, Ihr wart eine würdige Gegnerin. Ich bin Squaarzock vom Vermittler-Stamm, der Sondergesandter Daehsquinns für die Jagd auf Euch. Leider will unser Herrscher Euch unversehrt ihn die Pfoten bekommen."

Doch Lumeyna zwar zu sehr verstört um Konversation mit einer Ratte zu betreiben, starren Blickes ließ sie sich fesseln und abtransportieren.

Man sagt, die Halle der Dämonen befinde sich tief unter den Wurzeln der Berge. Lumeyna aber wußte, sie stand hier vor ihr. In Fesseln hatte man sie durch den Sumpf gezerrt und nach Monaten des Schmerzes, der Trauer und der Verzweiflung hatte sie mit ihren Peinigern die Feste Squärdalon erreicht. Von all ihren Freunden und Verwandten war ihr nur Rokhan geblieben und selbst ihn hielt man von ihr getrennt.

Ihr Schicksal, so hatte ihr dieser wiederwärtige Vermittler gesagt, lautete lebenslanges Einsperren in einen Kerker Squärdalons. Der Tod bliebe ihr erspart, schließlich werfe Daehsquinn nie etwas weg, was sich noch mal als nützlich erweisen könnte, so seine Aussage. Als sich die Tore für immer hinter ihr schlossen, fragte sich Lumeyna, ob der Tod nicht ein gnädigeres Schicksal wäre.

Hier endet die Saga um die Kometenkönigin Lumeyna. Und das sie kein glückliches Ende zu haben scheint, ist lediglich eine Frage der Perspektive.