Absender: | Wolfgang G. Wettach |
Datum: | 06. April 1996 |
Newsgroup: | ALLGEMEIN.MYRA |
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Vom: 02 Apr 96
Author: Andrea Schäfer (2:2490/1355.12)
An: Alle
Betreff: MYRA Conbericht
--------------- Beginning of the forwarded Message ---------------
Feurio in Auria
oder
Follower sind doch die besseren Waldläufer :-)
Geschwisterlicherseits bin ich mit diversen Nichten und Neffen "gesegnet".
Eine dieser Nichten feierte am 24.3.96 Konfirmation - in einem Dorf nahe
Tübingen. Natürlich mußte ich zu diesem Ereignis meine alte
Heimat aufsuchen.
Im Fido-Netz hatte ich Wolfgang Wettach kennengelernt. Diesen könnte man
als "Ober-Guru" der "Welt der Waben" bezeichnen. Die Fantasy-Welt Myra
existiert einige Jahre weniger als Magira, hat aber ebenso eifrige Bewohner,
die sich mit Rollen- und Strategiespiel in den verschiedensten Ausprägungen
beschäftigen. Unter anderem auch mit Live-Rollenspiel, das hier "ernsthafter"
betrieben wird als in FOLLOW.
Nun begab es sich, dass am 23.3. in der Nähe von Tübingen der 2. "Volkstag
in Auria" begangen wurde, und mich Wolfgang dazu einlud. Schließlich konnte
ich mir so die Familienfeier etwas "versüssen"...
Nachdem ich am Freitag-Abend bei meiner Mutter eingetroffen war, hoffte ich
auf besseres Wetter. Am Samstag-Vormittag schüttete es jedoch in Wankheim
aus Kübeln. Mh, und der Con sollte doch im Freien stattfinden... In
Bebenhausen schien es nach Wolfgangs Aussage nicht zu regnen - aber so ganz
glaubte ich das nicht. Immerhin hatte er jedoch als Notquartier den Saal des
Schlatter-Hauses in Tübingen (Haus der ev. Studentengemeinde) angemietet.
Zuerst musste ich noch etwas in Tübingen erledigen, sodass ich die restliche
Gewandung erst vor der Weiterfahrt auf dem Parkplatz anlegte. Obwohl lediglich
"Gast", hatte Wolfgang mir nach einer witzigen Diskussion am Telefon (wer
könnte sich mich schon als "Mutter" des Bräutigams vorstellen - prust!) die
Rolle einer Waldläuferin verpasst. Entsprechend gewandet suchte ich nach dem
Eingang des Bebenhäuser Klosters, das erstens Wolfgangs Heimstatt ist (keine
Angst, er ist kein Mönch - das mittelalterliche Kloster ist heute Touristen-
anziehungspunkt, und es sind nette Wohnungen darin vermietet) und zweitens
Treffpunkt und LRP-Beginn war. Nach etwas Herumirren liess ich das Auto stehen,
und fand hinter einer geheimnisvollen Türe in der Mauer direkt das Wohnhaus.
Natürlich wurde ich neugierig beäugt - kannte ich doch selbst Wolfgang nur
aus dem Netz und durch ein Telefonat. Trotzdem war ich nicht ganz unbekannt:
Patrick Scholz aus dem SF-Net war als Händler/Kaufmann gekommen. Später
konnte ich auch noch Werner Arendt und dessen Freundin, deren Name ich leider
immer wieder vergesse, begrüssen. Followern fällt dazu spontan "Pegasus"
ein.
Grund dieses Treffens war übrigens die (Rollenspiel-!)Hochzeit eines Ordens-
kriegers mit einer Abenteurerin. Zu diesem Fest waren nun verschiedene Personen
aus Auria und anderen Ländern gekommen. Verwandte und Freunde, aber auch
Gestalten, die dem Bräutigam oder Magister Foran (Wolfgang) nicht so wohl
gesonnen waren.
Das Wetter hatte sich inzwischen gebessert, und so standen wir vor dem Haus und
unterhielten uns über dies und das. Wir warteten auf den Bräutigam, der zwar
als "Real-", aber nicht als "Myra-Person" anwesend war. Das lag daran, dass
sein Gewand noch in irgendeinem Auto den Weg zum Con finden musste... Gegen
14.00 Uhr sollte die Hochzeit beginnen, aber es wurde immer später. Inzwischen
schien die Sonne! Wir besichtigten das Kloster, begannen die mitgebrachten
Fressalien und Getränke zu verköstigen und warteten. Zwischendurch musste
ich mein Auto noch einmal nach Tübingen scheuchen. Das Deko-Team schmückte
nämlich den Saal; wir hatten jedoch beschlossen die Feier wie geplant im Wald
stattfinden zu lassen. Also mussten wir den ganzen Kram wieder abbauen und in
den Wald fahren. Naürlich sah es zu dieser Zeit schon wieder so aus, als ob
es regnen würde...
Schliesslich machten sich die "Klosterbrüder" (und -schwestern) auf in den
Wald - der Bräutigam würde schon noch eintrudeln. Da ich mich mit Rana sofort
gut verstanden hatte, machten wir dem Magister den Vorschlag, dass doch sie
und ich heiraten könnten - merkürdigerweise wollte er davon jedoch nichts
wissen...Das Deko-Team hatte inzwischen den Platz um die Feuerstelle
geschmückt. Nachdem wir den anstrengenden Fussmarsch hinter uns gebracht
hatten (es war ständig bergauf gegangen), konnten wir es uns gemütlich
machen. Ein Mädchen versuchte, mit feuchtem Reisig und viel Mühe so etwas
wie ein Feuer zu entfachen. Irgendwann konnte ich das Elend nicht mehr sehen,
und übernahm deren Stelle. Auch ich hatte Mühe, das feuchte Wald- und das
"zu gute" mitgebrachte Möbelholz (!) zum Brennen zu bringen, aber es gelang
mir.
"Ist ja klar, eine Waldläuferin muss das doch können.", war der Kommentar
eines anwesenden Söldners. Tja, und so hatte ich mich als "myranischer
Feuerteufel" etabliert. Tatsächlich war ich auch den ganzen Abend für
das Feuer zuständig: Zuerst ein reines "Gemütlichkeitsfeuer", dann ein
Grill-Feuer und schliesslich ein "Wärm-Feuer".
Jedenfalls vertilgten wir den ersten Kuchen und tranken frischen italienischen
Wein und Met. Ich ja nun leider etwas weniger als andere, da mich ja des
nächtens noch mein Auto "nach hause" tragen musste.
Nun, irgendwann traf der gewandete Bräutigam ein - Rana und ich guckten uns
bedauernd an...Aber an Hochzeit war nicht zu denken, denn der Priester fehlte
noch! Elrathon, der Priester der Dreieinigkeit, sollte ja Wulfrigh und Rana
trauen - hatte aber aus Köln ein Stück zu fahren und war immer noch nicht
eingetroffen. Schliesslich entschloss sich Magister Foran, eine "Not-Trauung"
vorzunehmen. Da niemand "Nein" sagte oder Einwände hatte, waren die beiden
schnell verheiratet. Und so konnte es endlich ans Essen gehen. Auf einem
Gaskocher brodelte ein leckerer Eintopf vor sich hin, fast für jeden lag
ein ganzes Fladenbrot bereit, und zum Grillen gab es die unterschiedlichsten
Dinge. Für die Teilnehmer gab es nämlich eine kleine "Regel": Jede/r bringe
etwas mehr mit, als er/sie selbst essen will. Und so gab es eine schöne
Auswahl leckerer Dinge. Langsam wurde es dunkel, und irgendwann verschwanden
diverse Leute im finst'ren Tann, um sich ihre Polsterwaffen auf Köpfe oder
ähnliches zu hauen. Das einzige, was ich davon mitbekam, war ab und zu ein
Schrei und Wolfsgeheul (an dem ich auch nicht ganz unschuldig war... hüstel).
Und - welch Wunder - dann kam er doch: der Priester! Wahrlich eine imposante
Erscheinung: hochgewachsen, langes dichtes graues Haar (nein, Holzi war's
nicht!) und in ein tolles Gewand gehüllt. Und Bruder Bruce hatte er auch
noch mitgebracht.
Also wurde jetzt "ordentlich" geheiratet. Und nun wirkte die Zeremonie viel
schöner und stimmungsvoller, denn nun beleuchteten lediglich Fackeln die
Szene.Dann stellte man sich wieder um's Feuer und genoss den schönen Abend.
Irgendwann "schwächelte" ich etwas, und so sammelte ich meine "Not-Kiste"
zusammen (eine Klappkiste voller Gewandungsteile für "Gewandungslose"). Zum
Glück hatte ich angeboten, Werners Freundin nach Kirchentellinsfurt mitzu-
nehmen, da dies für mich kaum Umweg bedeutete. Es war nämlich zappenduster
und diesig, als wir uns den Weg durch den Wald suchen mussten. Die Kiste UND
eine Fackel hätte ich gar nicht allein tragen können. Schon ein komisches
Gefühl, einen steinigen Pfad bergab zu zu gehen, kaum was zu sehen, und
ausserdem vollkommen auf den Orientierungssinn angewiesen zu sein. Zum Glück
habe ich einen sehr guten solchen, sodass wir den Weg zurück zügig fanden
- obwohl; bei einer Kreuzung war ich mir gar nicht so sicher. Man stelle sich
vor, sich des nächstens im Wald zu verirren...
Nun, gegen 23.00 Uhr kam ich verdreckt und nach Rauch stinkend bei meiner
Mutter an - die mich sofort unter die Dusche schickte. Tja, so sind sie halt,
die Mütters...
Das Wetter hat übrigens gehalten!
Ja, und das war nun mein erster Myra-Con. Ich habe viele nette Leute kennen-
gelernt und hatte viel Spass. Interessant fand ich, dass sich die Myraner
wohl mehr mit ihrem Fantasy-Charakter beschäftigen, als ich es von Follow
kenne. Vor allem versuchen sie, den Charakter beim Con auch wirklich zu
"leben". So führte eine Schriftgelehrte mit mir als Waldläuferin ein
Gespräch über das Leben draussen und die Wahrnehmungen, die den Stadtmenschen
verlorengehen, indem sie sich nicht mehr in der Natur bewegen und mit und in
ihr leben. Auch gewandungsmässig stehen die Myraner den Followern kaum (noch)
nach. WWW-Brettspieler haben oft kein Gewand, können sich aber bei Cons mit
geliehenen Sachen behelfen. Was mir nicht so gefällt, sind die Polsterwaffen.
Da sich die Leute aber im Live-Rollenspiel auch mal "kloppen" wollen, muss
das eben ungefährlich möglich sein.
Rana und Wulfrigh haben übrigens nach ihrer Hochzeit beschlossen, ihr Geld
zusammenzulegen und eine eigene Söldnertruppe aufzubauen. Ob ich sie wohl
beide noch einmal "lebend" wiedersehe?
Andrea Schäfer / Alena
Erlangen, im April 1996